Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Blutdruck und Salz
Wie viel Salz ist zu viel?
Salz, genaugenommen, Kochsalz, also NaCl, ist ein wichtiger Geschmacksträger, auf den die meisten von uns nur schwer verzichten können. Leider wird aber die heute übliche vermehrte Kochsalzaufnahme über unsere Nahrung mit erhöhten Blutdruckwerten und Herz-Kreislauf Ereignissen in Verbindung gebracht, weshalb empfohlen wird täglich nicht mehr als 5g Kochsalz, also Natriumchlorid zu konsumieren.
Das ist, wie ihr euch sicher vorstellen könnt, in unserer heutigen Lebensrealität sehr schwer. Aktuell konsumieren wir im Durchschnitt in Deutschland deutlich mehr Kochsalz, Frauen täglich 8,4g, Männer täglich 10g laut DGES-Studie.
Wir sind also weit von den empfohlenen Grenzwerten entfernt. Und das liegt weniger an dem Salz, was wir uns sehenden Auges über unseren Salzstreuer auf die Kartoffeln rieseln, als vielmehr an den rauen Mengen an verstecktem Salz in Industrienahrung, also verarbeiteten Lebensmitteln wie Fertiggerichten, Käse und Wurstwaren, aber auch Fleisch und Brot sowie insbesondere auch Brausetabletten, die häufig große Mengen an Natrium enthalten.
Auf der anderen Seite ist auch bekannt, dass wir nicht alle gleich sind und sehr stark unterschiedlich auf die Zufuhr von Salz mit einem Blutdruckanstieg reagieren. Man spricht ja auch von der sogenannten Salzsensitivität.
Was bringt uns der Salzverzicht?
In Anbetracht der Tatsache, dass Salz ja auch in gewisser Weise mit Lebensqualität verbunden ist, stellt sich also die Frage, was bringt uns der Salzverzicht beziehungsweise eine Reduktion von Natrium mit der Nahrung? Genau dieser Frage ist die US-amerikanische CARDIA-SSBP-Studie nachgegangen.
Die hat nämlich mal die Salzsensitivität von 213 Personen im mittleren bis höheren Lebensalter von 50-75 Jahren untersucht, also inwieweit diese Menschen auf eine Reduktion des Natriumgehaltes in ihrer Nahrung auch mit einem Blutdruckabfall reagierten. Die Studienteilnehmer mussten sich jeweils eine Woche sehr salzhaltig ernähren, sprich sie nahmen in der ersten Wochen ca. 2.200 mg Natrium zusätzlich zu ihrer gewohnten Ernährung zu sich und eine Woche sehr Salz- bzw. natriumarm mit nur 500mg Natrium in der Nahrung.
Was den Ausgangsblutdruck anging, hatten die Studienteilnehmer zu etwa gleichen Anteilen entweder eine normalen Blutdruck, einen kontrollierten Bluthochdruck, unkontrollierten Bluthochdruck oder einen unbehandelten Bluthochdruck.
Und was kam schließlich raus?
Bei fast dreiviertel nämlich über 73 % der Studienteilnehmer führte die salzreduzierte Ernährung im Vergleich zur salzreichen Ernährung tatsächlich bereits nach einer Woche zu einer Blutdrucksenkung und bei 46 % lag diese Blutdruckabnahme bei über 5mmHg. Der mittlere systolische Blutdruckunterschied zwischen den beiden Gruppen, also natriumarm oder natriumreich ernährt, betrug nach einer Woche 8 mmHg, was durchaus vergleichbar ist mit der Wirkung eines Standard Medikaments bei Bluthochdruck! Dabei waren die Effekte auf die Blutdrucksenkung unabhängig vom Ausgangsblutdruck, Alter oder Ethnie der Teilnehmer.
Also, wir fassen zusammen:
Durch eine Reduktion der Natriumaufnahme mit der Ernährung durch eine Kochsalzreduktion konnte bei den meisten Studienteilnehmern mittleren bis höheren Alters bereits nach einer Woche der Blutdruck deutlich reduziert werden.
Auf der anderen Seite muss man auch mal kritisch festhalten, dass das reale Leben keine Studie ist und 500 mg Natrium in der Ernährung pro Tag sind natürlich sehr wenig und extrem schwer in unserer realen Welt umzusetzen. Was aber auch an unserer üblichen Ernährungsweise liegt.
Und damit kommen wir endlich zu meinen beiden anfangs versprochenen Tipps, wie du auch auf Dauer die Aufnahme von Kochsalz drastisch reduzieren kannst und nicht nur deinen Blutdruck, sondern insgesamt deiner Gesundheit einen riesigen Gefallen tun kannst.
Wie du deinen Salzkonsum im Alltag senken kannst:
- Versuche so gut es geht, auf verarbeitete Industrienahrung zu verzichten, damit kannst du den Großteil deiner Kochsalzaufnahme vermeiden.
- Verwende einen Kochsalzersatz in Form von Kaliumchlorid (hat einen nicht ganz so intensiven, salzigen Geschmack wie das Kochsalz-Original, ist aber dennoch eine gute Salzalternative).
Und das ganze scheint auch tatsächlich zu wirken. Vor nicht allzu langer Zeit wurde im ländlichen China eine Studie durchgeführt, bei der der Austausch von circa 25 % des Natriums im Speisesalz durch Kalium vom Geschmack her sehr gut akzeptiert wurde und tatsächlich durch die erreichte Blutdruckreduktion kardiovaskuläre Komplikationen wie Schlaganfälle reduzieren konnte.
Also probiert es ruhig einmal aus, kocht selber und streut euch mal ein wenig KaliumChlorid über euer Essen. Wenn ihr von einer fortgeschrittenen Nierenschwäche betroffen seid, müsst ihr natürlich etwas aufpassen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Blutdruck und Salz
Empfohlen wird täglich nicht mehr als 5g Kochsalz, also Natriumchlorid zu konsumieren.
Quellen:
- Gupta DK et al. Effect of Dietary Sodium on Blood Pressure: A Crossover Trial. JAMA. 2023 Dec 19;330(23):2258-2266. doi: 10.1001/jama.2023.23651. PMID: 37950918; PMCID: PMC10640704.
- Ma Y et al. 24-Hour Urinary Sodium and Potassium Excretion and Cardiovascular Risk. N Engl J Med. 2022 Jan 20;386(3):252-263. doi: 10.1056/NEJMoa2109794. Epub 2021 Nov 13. PMID: 34767706; PMCID: PMC9153854.
- Neal B et al. Effect of Salt Substitution on Cardiovascular Events and Death. N Engl J Med. 2021 Sep 16;385(12):1067-1077. doi: 10.1056/NEJMoa2105675. Epub 2021 Aug 29. PMID: 34459569.
- Kunz M et al. Hidden sodium in effervescent-tablet dietary supplements and over-the-counter drugs: a comparative cross-sectional study. BMJ Open. 2023 Nov 27;13(11):e076302. doi: 10.1136/bmjopen-2023-076302. PMID: 38011966; PMCID: PMC10685933.