Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
Erfahren Sie mehr über Dr Heart und sein Dr. Heart Projekt.
Inhalt
Kardiomyopathie – Dieser Begriff taucht gelegentlich in den Medien auf, wenn es um unerwartete, spektakuläre Todesfälle junger Profisportler geht. Doch was steckt hinter dieser Herzerkrankung?
Beschreibung, Bedeutung & Verbreitung
Medizinisch steht „Kardio“ für Herz „Myo“ für Muskel und „Pathie“ für Erkrankung. Demnach steht der Begriff Kardiomyopathie also für eine krankhafte Veränderung unseres Herzmuskels.
Liebe LeserInnen,
„Kardiomyopathie“ – Vielleicht haben Sie diesen Begriff schon einmal in Ihrem eigenen Arztbrief gelesen oder Sie kennen jemanden mit dieser Diagnose? Gelegentlich hört man diesen Begriff ja auch, wenn in den Medien um die Todesursache scheinbar gesunder junger Sportler während eines sportlichen Großereignisses spekuliert wird. Aber was ist das überhaupt, eine Kardiomyopathie? In den folgenden Zeilen werden wir etwas Licht ins Dunkel bringen…
Medizinisch steht „Kardio“ für Herz „Myo“ für Muskel und „Pathie“ für Erkrankung, demnach steht der Begriff Kardiomyopathie also für eine krankhafte Veränderung unseres Herzmuskels.
Unser Herz ist ja ein Muskel, der unaufhörlich Blut in unseren Kreislauf pumpt und somit unser Leben erst ermöglicht. Und bei einer Kardiomyopathie kommt es dann also zu krankhaften Veränderungen am Herzmuskel, meist im Bereich der muskelkräftigen linken Herzkammer, seltener aber auch im Bereich der rechten oder beider Herzkammern. Allerdings ist das zunächst nur eine Beschreibung und sagt noch nichts über die Ursache der Schädigung aus.
###
Kardiomyopathie - Einteilung
Nach dem äußeren Erscheinungsbild, also der Veränderung des Herzens, die man z.B. im Herzultraschall (Echokardiographie) oder in der Herz-Magnetresonanztomographie (MRT) sehen kann, unterscheidet man vier große Haupttypen der Kardiomyopathien, die wir in weiteren Beiträgen z.T. noch etwas genauer besprechen werden.
Die erste Kardiomyopathieform ist die dilatative Kardiomyopathie. Hierbei kommt es, wie der Name schon vermuten lässt, zu einer krankhaften Erweiterung der Herzkammern. Durch unterschiedliche Schädigungen des Herzmuskels oder auch durch genetische Defekte kommt es meist durch narbige Veränderungen des Herzmuskels dazu, dass die Herzkammer dem Blutdruck nicht mehr standhalten kann und sie schließlich überdehnt wird und vereinfacht gesagt „ausleiert“. Meist ist insbesondere die linke Herzkammer betroffen und vergrößert, sie kann sich weniger gut zusammenziehen und die Menge an Blut, die die Herzkammer auswerfen kann, verringert sich, sodass eine Herzschwäche die Folge ist.
Die zweite Kardiomyopathieform ist die hypertrophe Kardiomyopathie, die mit einer ausgeprägten Verdickung des Herzmuskels einhergeht. Diese Kardiomyopathie ist eine der häufigsten herzbedingten Todesursachen beim jungen Menschen; sie ist auch für viele der medial oft spektakulär in Szene gesetzten plötzlichen Todesfälle von z.B. jungen Fußballprofis verantwortlich und die häufigste vererbbare Herzerkrankung überhaupt. Ursache ist hier eine Veränderung des Erbgutes, also ein Gendefekt, der dazu führt, dass die Eiweißkörper in den Herzmuskelzellen nicht ihre gewohnte Struktur und Anordnung einnehmen und somit nicht effektiv arbeiten können, wodurch es dann letztlich zu einer ausgeprägten Verdickung des Herzmuskels kommt. Die Herzscheidewand betroffener Patienten kann dabei Dicken von bis zu 6 cm erreichen! Bei dieser Kardiomyopathieform gibt es nach dem Verteilungsmuster der Muskelverdickungen verschiedene Verlaufsformen, die wir in einem weiteren Video noch genauer besprechen werden. Das eigentlich Gefährliche dieser Erkrankung ist, dass die häufig zunächst keine Beschwerden verursacht und dann plötzlich mit gefährlichen Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod durch ein Kammerflimmern in Erscheinung treten kann.
Im Vergleich zu der dilatativen und der hypertrophen Kardiomyopathie ist die sog. restriktive Kardiomyopathie eine eher seltene Erkrankung. Bei dieser Funktionsstörung des Herzens kommt es durch Umbauprozesse des Herzmuskels, bei denen Muskelgewebe durch starres Bindegewebe ersetzt wird oder es zur krankhaften Einlagerung bestimmter Eiweißkörper in den Herzmuskel kommt, vereinfacht gesagt zu einer Versteifung des Herzmuskels, der dadurch weniger elastisch, also weniger dehnbar wird. Somit kann das Herz in der Erschlaffungsphase, der sog. Diastole, nicht mehr ausreichend Blut für den nachfolgenden Pumpvorgang aufnehmen und es resultiert eine sog. diastolische Herzschwäche, die Herzleistung ist also vermindert und somit bildet sich also auch bei dieser Erkrankungsform eine Pumpleistungsschwäche des Herzens, eine Herzinsuffizienz, aus.
Bei der letzten der 4 Kardiomyopathietypen, der sog. arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie ist wie der Name ‚rechtsventrikulär‘ schon vermuten lässt die rechte Herzkammer betroffen. Aufgrund eines genetischen Defekts kommt es zu einem Absterben von Herzmuskelzellen, die dann durch quasi „minderwertiges“ Fett- und Bindegewebe ersetzt werden. Das wiederum hat zur Folge, dass die Muskelwand der rechten Herzkammer ausgedünnt wird und es v.A. auch zu elektrischen Instabilität in diesem Bereich des Herzens kommt, sodass betroffene Patienten durch gefährliche Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod gefährdet sind.
Neben diesen vier Hauptformen gibt es natürlich auch noch andere Kardiomyopathie-Formen. Dazu gehören beispielsweise die Postnatale Kardiomyopathie, die selten bei Schwangeren auftreten kann, und das schon angesprochene Broken-Heart-Syndrom, also die stressbedingte Kardiomyopathieform, auch als Tako-Tsubo-Kardiomyopathie bekannt.
Stress-Kardiomyopathie - Das "Broken Heart Syndrom"
Tod durch Liebeskummer? Derartige Schlagzeilen geistern ja immer wieder durch die Laienpresse, und ich selber wurde sogar auch schon einmal zu diesem Thema im Frühstücksfernsehen interviewt, wenn Sie Lust haben könne Sie ja mal oben reinschauen. Was es tatsächlich mit diesem ominösen „Broken Heart-Syndrom“, also dem Syndrom des gebrochenen Herzens auf sich hat, und ob wir tatsächlich an Liebeskummer versterben können, das erfahren Sie in diesem Beitrag!
Erinnern Sie sich noch an Ihren letzten so richtig heftigen heftigen Liebeskummer? Bei mir ist das schon ein Weilchen her, aber tatsächlich kann es einem so vorkommen, als ob einem sprichwörtlich das Herz zerbricht. Aber kann das gesunde Herz tatsächlich im eigentlichen Sinne Schaden nehmen durch heftige emotionale Ereignisse? Die Antwort ist ja!
###
Zum einen ist es natürlich so, dass bei einem schon erkrankten Herzen, also z.B. einer schon bestehenden koronaren Herzkrankheit durch emotionale Ereignisse zu Blutdruckspitzen kommen kann, die dann z.B. eine instabile Ablagerung, eine sog. Plaque, in einer Herzkranzarterie aufreissen lassen und somit durch eine akute Blutgerinnselbildung einen Herzinfarkt verursachen können.
Daneben gibt es aber auch noch ein selteneres etwas ominöses Krankheitsbild.
Ich erinnere mich dabei an meine Krankenhauszeit als ich als damals noch junger Stationsarzt in der Kardiologie gearbeitet habe. Damals war eine ältere Dame auf dem Stationsflur zusammengebrochen, nachdem sie vom Tod Ihres Ehemannes erfahren hatte. Sie klagte über Schmerzen in der Brust, Luftnot und Angstgefühl und im EKG, welches wir unter dem V.a. einen Herzinfarkt natürlich gleich aufgezeichnet hatten, stellten sich Veränderungen passend zu einem Herzinfarkt dar. Selbst die Blutwerte zeigten einen Anstieg der Herzenzyme, sodass wir unter dem Verdacht auf einen akuten Herzinfarkt notfallmäßig eine Herzkatheteruntersuchung durchführten.
Entgegen unseren Erwartungen zeigte sich dabei keine verengte oder verstopfte Herzkranzarterie, wie man dies ja bei einem Herzinfarkt erwarten würde sondern eine ausgeprägte Aufweitung und komplette Bewegungslosigkeit der Herzspitze!
Dieser Befund, also diese aufgeweitete, stillstehende Herzspitze mit kompensatorischer Mehrarbeit der übrigen Abschnitte der linken Herzkammer bei gleichzeitig gut durchbluteten, also nicht verstopften Herzkranzarterien, ist ganz typisch für das sog. Takotsubo-Syndrom, das Broken Heart Syndrom bzw. auch als Stresskardiomyopathie bezeichnet.
Klinisch ist diese TCC wie in unserem Beispiel erst einmal nicht von einem Herzinfarkt zu unterscheiden.
Die Ursache ist trotz intensiver Forschungen weiterhin relativ unklar, vermutet wird eine Schädigung des Herzmuskels durch Stresshormone, denn das „Broken Heart Syndrom“ tritt meistens nach schweren seelischen Belastungen wie den Verlust eines geliebten Menschen, aber auch nach anderen starken emotionalen Belastungen auf, daher ja auch die Bezeichnung Stresskardiomyopathie. Das Krankheitsbild kann aber auch durch starke körperliche Belastungen wie Operationen oder einen Schlaganfall und interessanterweise sogar durch eigentlich erfreuliche Ereignisse, wie z.B. einen Lottogewinn ausgelöst werden! Dann spricht man auch vom „Happy Heart Syndrom“..
Entgegen der Darstellung in den Medien sind allerdings überwiegend Frauen nach den Wechseljahren betroffen, also eher nicht unbedingt das 14-jährige Mädchen, das nach intensiver 3-monatiger Liebesbeziehung von Ihrem Freund verlassen wurde…
In den allermeisten Fällen erholt sich das Herz von selber und ohne eine spezielle Behandlung von der Erkrankung doch es können in der akuten Anfangsphase der Erkrankung auch gefährliche, im Extremfall sogar tödliche Komplikationen wie ein Schock durch ein Pumpversagen des Herzens oder gefährliche Herzrhythmusstörungen bis hin zum unbehandelt tödlichen Kammerflimmern auftreten, deshalb werden betroffene Patientinnen auch auf der Intensivstation betreut und überwacht. Insgesamt ähnelt die die Prognose des TCC, nachdem man lange Zeit geglaubt hat, dass die Erkrankung eher gutartig ist, wie neuere Studien zeigen, wohl eher der von Patienten mit einem klassischen Herzinfarkt.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
müssen wir jetzt Angst haben beim nächsten heftigen Kummer tot umzufallen?! Eher nicht, das Broken Heart Syndrom ist insgesamt selten, betrifft wie gesagt meist ältere Damen und noch viel seltener kommt es zu den angesprochenen Komplikationen.
Aber: es zeigt uns einmal mehr auf eindrucksvolle Weise wie sehr sich doch unser Seelenleben auf unser Herz und unsere Gesundheit ingesamt auswirkt und wie wichtig es daher ist sich nicht nur regelmäßig um das körperliche Wohlbefinden zu sorgen sondern v.a. auch um unsere Seele!
Kardiomyopathie - Ursachen
Tatsächlich gibt es viele verschiedene Ursachen für eine Kardiomyopathie: von angeborenen genetischen Defekten des Herzmuskels, über Viren oder verschiedenste Giftstoffe bis hin zu massivem Stress, der dann zu einer sog. Stress-Kardiomyopathie führen kann, dem sog. Broken Heart Syndrom, also dem Syndrom des gebrochenen Herzens.
Sehr häufig findet man allerdings auch keine Ursache der Herzmuskelerkrankung und spricht dann nur ganz verlegen von einer „idiopathischen“ Kardiomyopathie, sprich: Wir Mediziner wissen auch nicht genau, was die Ursache ist.
Symptome
So unterschiedlich wie die verschiedenen Formen der Kardiomyopathie sind auch die Beschwerden. Diese reichen von vollkommener Beschwerdefreiheit (Zufallsbefund bei der ärztlichen Untersuchung) über Herzrhythmusstörungen in den verschiedensten Ausprägungsgraden bis hin zu Beschwerden einer ggf. resultierenden Herzschwäche mit Abgeschlagenheit, Luftnot, Schwindel bis. hin zu Ohnmachtsanfällen, sog. Synkopen. Die schlimmste Komplikation einer, häufig auch bislang unerkannten Kardiomyopathie kann der sog. plötzliche Herztod aufgrund von gefährlichen Herzrhythmusstörungen sein, die schließlich im unbehandelt tödlichen Kammerflimmern enden können. Derartige tragische Fälle von medial schnell verbreiteten Todesfällen z.B. junger Profisportler geraten immer wieder in das öffentliche Bewusstsein. Wichtig ist gefährdete Menschen rasch zu diagnostizieren, um sie ggf. behandeln und schützen zu können (s.u.).
Kardiomyopathie - Behandlung und Therapie
Wie kann eine Kardiomyopathie behandelt werden?
Wann immer möglich sollte natürlich eine Behandlung der Ursache der Erkrankung erfolgen. Im Falle einer Virusentzündung oder einer Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem selber den Herzmuskel angreift, können das z.B. spezielle Medikamente gegen Viren bzw. unser eigenes Immunsystem sein. Meist werden solche Behandlungen dann in spezialisierten Fachzentren durchgeführt, das gilt z.B. auch dann, wenn die krankhafte Ablagerung von bestimmten Stoffen in den Herzmuskel die Ursache der Erkrankung darstellt.
Sehr häufig ist aber eine solche spezifische, also ursächliche Behandlung nicht möglich und dann bleibt letztlich nur die Behandlung der resultierenden Herzschwäche, die aber auch schon häufig nicht nur zu einer Beschwerdelinderung, sondern auch zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenserwartung führen kann – dies ist allerdings auch wieder stark abhängig von der genauen Art der Kardiomyopathie. Entscheidend ist v.A. auch der Schutz vor drohenden Komplikationen wie z.B. gefährlichen Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod durch Kammerflimmern, beispielsweise durch einen zu implantierenden Defibrillatorschrittmacher, den wir ja in einem anderen Beitrag bereits behandelt haben.
Das war jetzt einmal ein schneller Ritt durch die Kardiomyopathien. Wichtig ist hier v.A. eine gute fachärztlich-kardiologische Anbindung, um ungünstige Verläufe bestmöglich verhindern zu können, zusätzlich sollte aufgrund der Vererbbarkeit dieser Erkrankungen auch eine konsequente Untersuchung der Angehörigen von betroffenen Menschen erfolgen, denn sonst können auch gefährliche Kardiomyopathien lange Zeit unentdeckt bleiben und sich dann erst durch gefährliche Herzrhythmusstörungen bis schlimmstenfalls durch einen plötzlichen Herztod bemerkbar machen. Daher also unbedingt ernst nehmen!
###
Kardiomyopathie - Verlauf und Prognose
Was bedeutet es nun, wenn man eine Kardiomyopathie hat?
Eine Kardiomyopathie ist in den meisten Fällen eine schwere Erkrankung, die man fast nie komplett heilen kann. Die Prognose, also der Verlauf und die Lebenserwartung ist aber sehr unterschiedlich und abhängig von der Art und Ausprägung der jeweiligen Erkrankungsform.
Je nach Art und Ausprägung der Herzmuskelerkrankung und natürlich auch je nach Güte der Behandlung ist die Lebenserwartung bei diesen unterschiedlich stark eingeschränkt von annähernd normal bis hin zu rasch fortschreitenden Verläufen, die ohne Herztransplantation oftmals tödlich verlaufen können.