Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Herz-Amyloidose (kardiale Amyloidose)
Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer,
wahrscheinlich schauen Sie sich gerade dieses Video an weil bei Ihnen oder bei einem Menschen, der Ihnen am Herzen liegt, eine sog. Amyloidose diagnostiziert wurde. Aber was ist das eigentlich genau, eine Amyloidose und was kann man tun wenn man von dieser Erkrankung betroffen ist?
Eine Amyloidose ist eine seltene Erkrankung, bei der sich bestimmte Eiweiße, sog. Amyloidfibrillen, in unseren Organen ablagern und dort schwere Funktionsstörungen und Beschwerden verursachen. Die häufigsten Amyloidosen, die auch unser Herz in Mitleidenschaft ziehen können, sind die Leichtketten-Amyloidose, auch als AL-Amyloidose bezeichnet und die sog. ATTR-, die Transthyretin-Amyloidose.
Wir gehen heute speziell auf die Transthyretin-Amyloidose ein, v.a. auch deshalb weil es hier wichtige Neuerungen in der Behandlung dieser speziellen Erkrankung gibt.
Ursache der Transthyretin-Amyloidose sind angeborene oder altersbedingte Veränderungen an einem körpereigenen Eiweiß, dem sog. Transthyretin.
Was ist denn nun wieder Transthyretin?!
Transthyretin ist ein Protein, also ein Eiweißstoff, der hauptsächlich in unserer Leber gebildet wird und die Aufgabe hat in unserem Körper unter anderem das Schilddrüsenhormon Thyroxin und Vitamin A zu transportieren. Aufgebaut wird das Transthyretin-Transportprotein aus vier Bausteinen, sog. Monomeren, die zusammengelagert ein sog. Tetramer und damit das funktionsfähige Transportprotein bilden.
Durch eine angeborene genetische Mutation oder auch altersbedingt kann das Transthyretin-Protein durch eine veränderte Faltung instabil werden und in seine “Grundbausteine” zerfallen. Diese sind dann nicht nur funktionslos, sondern sie können sich durch ihre fehlerhafte “Faltung” auch zu Proteinfäden, sogenannten Amyloidfibrillen zusammenlagern.
Und diese funktionslosen Amyloidfibrillen haben die Eigenschaft sich in unterschiedlichen Organen wie unseren Nerven oder auch in unserem Darm einzulagern und hier zu verschiedensten Beschwerden wie Empfindungsstörungen an Armen und Beinen, Verdauungsbeschwerden und Gewichtsverlust bis hin zu Erektionsstörungen zu führen. Ist vor allem das Herz betroffen, sprechen wir Mediziner von einer Transthyretin Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM).
Hierbei lagern sich im Laufe der Zeit immer mehr Amyloidfibrillen zwischen unseren Herzmuskelzellen ab, wodurch sich unsere Herzwände zunehmend verdicken und versteifen. Ist der Herzmuskel steif, dann kann er sich schlechter mit Blut füllen, was letztlich zu einer Pumpleistungsschwäche unseres Herzens, einer sog. diastolischen Herzschwäche führt.
Leider werden die Beschwerden einer Herzschwäche wie Luftnot, ständige Müdigkeit, Herzstolpern und Wassereinlagerung in den Beinen oft auf das Alter geschoben, sodass die Diagnose einer Herzschwäche oft erst sehr spät gestellt wird. Noch viel länger dauert es meistens bis eine Transthyretin-Amyloidose als Ursache der Herzschwäche erkannt wird, denn die geschilderten Beschwerden sind oft sehr diffus, sehr vielfältig und sie erscheinen zunächst zusammenhangslos, wenn man nicht an diese eher seltene Erkrankung denkt!
Und das ist v.a. deshalb so problematisch weil die Erkrankung unbehandelt unwiderruflich voranschreitet und weil im Falle einer Transthyretin-Amyloidose als Ursache der Herzschwäche die übliche Behandlung nicht nur nicht wirkt, sondern oftmals sogar schaden kann!
Wird die Erkrankung aber früh diagnostiziert, dann ist heute oft eine individuell passende Therapie möglich, mit der die Erkrankung wirksam verlangsamt werden kann.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
viele Dinge fallen im Leben auch deshalb selten auf, weil zu selten daran gedacht wird! Dies scheint auch für die Transthyretin-Amyloidose zuzutreffen, die leider auch von uns Ärzten oft zu spät oder gar nicht diagnostiziert wird. Der erste Schritt ist also bei Vorliegen eines verdickten Herzmuskels überhaupt erstmal an diese Erkrankung zu denken, die dann mit den heute verbesserten Diagnoseverfahren besser erkannt und somit auch früher einer passenden Behandlung zugeführt werden kann.
Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass Sie anhaltende Beschwerden wirklich ernst nehmen und durch Ihren Arzt abklären lassen.
Bis dahin, machen Sie es gut,
Ihr Dr. Heart 😉