Dr. Heart
Internist und Kardiologe
Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linda Weißer
Ärztin und Ernährungsberaterin
Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
Was ist jetzt mit dem Frühstücksei?
Gefährliche Cholesterinbombe oder ungefährlicher Frühstücksgenuss? Die neuesten Erkenntnisse zum Frühstücksei
Liebe Leserinnen und Leser,
eine der häufigsten Fragen, die mir meine Patienten stellen, und die ja auch in den Medien mit Vorliebe diskutiert wird, ist die Frage nach unserem heiß geliebten Frühstücksei. Darf man sein Frühstücksei, bzw. Eier generell, mit gutem Gewissen genießen oder nicht? Wie gesund sind Eier wirklich?
Zuletzt war das Pendel der Wissenschaft ja eher in Richtung „pro Frühstücksei“ ausgeschlagen. Verschiedene Studien legten nahe, dass das mit der Nahrung aufgenommene Cholesterin keinen Einfluss auf das „böse“ LDL-Cholesterin hat und somit auch das gesundheitliche Risiko nicht wesentlich beeinflusst. Hier können Sie mehr zu dieser sogenannten „Cholesterin-Lüge“ erfahren.
Jetzt gibt es aber neue interessante Daten aus einer im März 2019 im renommierten Wissenschaftsjournal JAMA veröffentlichten Studie1, die das Thema „Ei und Gesundheit“ wortwörtlich wieder auf den Tisch bringt.
Die Studie hat fast 30.000 Menschen gesammelt aus 6 Studien über eine Beobachtungsdauer von ca. 31 Jahren eingeschlossen und kam zu dem Ergebnis, dass 300 mg Cholesterin, die über die Nahrung aufgenommen werden, das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Ereignisse wie Herzinfarkte und Schlaganfälle um 17 Prozent und das Risiko für einen frühzeitigen Tod um 18 Prozent erhöhen! Das ist doch schon mal eine Hausnummer!
Wie kann ich die 300 mg Nahrungscholesterin einordnen? Ein Eigelb, sagt man, enthält ca. 185 mg Cholesterin, und die meisten Menschen essen ja am Tag zu ihrem Ei auch noch ein paar andere cholesterinhaltige Lebensmittel dazu…
Zwei Eier pro Tag, also so ein schönes Omelett, sollen nach dieser Studie das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bzw. für einen frühzeitigen Tod sogar um 27 Prozent bzw. 34 Prozent erhöhen.
Folglich kommen die Autoren der Studie also zu dem Schluss, dass es den „sicheren Ei-Konsum“ nicht gibt und eine klare Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen dem Verzehr von Cholesterin mit der Nahrung und gesundheitsschädlichen Auswirkungen vorliegen würde.
Was machen wir nun mit diesen neuen Studiendaten?
Zunächst einmal sind auch die alten Studien, die keinen Einfluss des Nahrungscholesterins auf das LDL-Cholesterin gezeigt hatten, und die ja zu diesem Postulat geführt hatten, das Nahrungscholesterin würde keine Rolle spielen, durchaus umstritten, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie fast alle von der Ei-Industrie gesponsert waren. Es gibt nämlich durchaus eine Reihe gut gemachter Studien, die zeigen konnten, dass ein höherer Verzehr von Eiern und Nahrungscholesterin sehr wohl einen Anstieg des ungünstigen LDL-Cholesterins verursacht, nur eben nicht bei jedem Menschen gleichermaßen.
Beim Cholesterin scheint es so zu sein, dass es „Responder“ und „Non-Responder“ gibt. Das heißt, abhängig von unserem genetischen Gepäck reagieren wir mit unseren Blut-Cholesterinwerten mehr oder eben weniger auf das mit der Nahrung zugeführte Cholesterin. Ich selber kenne z.B. einige Patienten, die durch eine konsequente Nahrungsumstellung – und damit meine ich jetzt nicht nur den Verzicht auf Frühstückseier – sehr wohl ihr LDL-Cholesterin bedeutend absenken konnten.
Letztlich wird das letzte Wort zum Frühstücksei noch nicht gesprochen sein, und bestimmt wird es in Zukunft noch viele weitere interessante Erkenntnisse zum Thema geben.
Bis dahin würde ich persönlich zu einer gewissen Vorsicht raten und Ihnen von täglichen Omelette-Parties abraten.
Literatur
1 | Associations of Dietary Cholesterol or Egg Consumption With Incident Cardiovascular Disease and Mortality. | Cardiology | JAMA | JAMA Network. Accessed April 16, 2019.