Vorhofflimmern – ALLES was du über die moderne Behandlung wissen musst!

Vorhofflimmern ist ja die weltweit häufigste relevante Herzrhythmusstörung und sie kann sich nicht nur sehr unangenehm anfühlen, wenn dein Herz auf einmal rast und vollkommen aus dem Takt gerät, sondern es droht v.a. auch die schlimmste aller Komplikation nämlich ein durch Vorhofflimmern bedingter Schlaganfall.

Physiologische Basics

Beim Vorhofflimmern geht die geordnete Zusammenarbeit zwischen den Herzvorhöfen und den Herzkammern verloren weil chaotische, ungerichtete, kreisende elektrische Erregungen in schneller Folge über die Vorhöfe des Herzens laufen und damit zu schnellen, ungeordneten Bewegungen der Herzvorhöfe von 300-600 pro Minute führen. Die Vorhofmuskulatur kann somit nur noch Flimmerbewegungen durchführen, ohne dass hierbei ein effektiver Pumpmechanismus der Herzvorhöfe resultieren kann.

Ein Teil dieser chaotischen elektrischen Erregungen wird von den flimmernden Herzvorhöfen  auf die Herzkammern übergeleitet, sodass als Leitsymptom des Vorhofflimmerns ein unregelmäßiger und meist immer noch zu schneller, chaotischer Herzrhythmus mit einem Herzschlag von circa 100-150 pro Minute resultiert , der von den meisten Menschen als unangenehm verspürt wird.

Wenn ihr hier tiefer einsteigen wollt, schaut gerne in meine vielen anderen Videos zum Vorhofflimmern. Heute soll es aber wie gesagt um die Behandlung des Vorhofflimmerns gehen.

Moderne Behandlung

Die wichtigsten Ziele in der modernen Behandlung des Vorhofflimmern kann man in 3 Säulen unterteilen: Die erste und wichtigste ist die größtmögliche Komplikation des Vorhofflimmerns, nämlich einen sog. embolischen Schlaganfall zu verhindern. In aller Regel geschieht dies durch eine adäquate Blutgerinnungshemmung, im Volksmund auch als “Blutverdünnung” bekannt.

Daneben geht es darum, die Beschwerden, die das Vorhofflimmern hervorrufen kann, zu vermindern und schließlich die Risikofaktoren und Begleiterkrankungen bestmöglich einzustellen bzw. zu behandeln.

Dieser dreiteilige Ansatz kommt im sog. ABC Schema zum Ausdruck (wir Mediziner lieben ja Abkürzungen und Schemata ..), wobei

  • A für Antikoagulation
  • B für bessere Symptomkontrolle
  • C für Comorbidities, also Begleiterkrankungen und Risikofaktoren steht.

 

Worst Case

Fangen wir mal mit dem Elefanten im Raum an, denn die wichtigste Komplikation des Vorhofflimmerns stellt der sogenannte “kardioembolische” Schlaganfall dar. Durch den verlangsamten und veränderten Blutfluss in den Herzvorhöfen wird die Bildung von Blutgerinnseln gefördert, die wenn sie mit dem Blutstrom in das Gehirn gelangen, eine Hirnarterie verstopfen und einen Schlaganfall hervorrufen können.

 

Aber: Das Risiko bei einem Vorhofflimmern auch einen Schlaganfall zu entwickeln, ist nicht bei jedem von uns gleich, sondern hängt von verschiedenen Risikofaktoren ab, die sich heute mit dem sogenannten CHA2DS2-VASC-Score abschätzen lassen.

Dein Arzt wird diesen Score für dich bestimmen und davon abhängig eine gerinnungshemmende Behandlung einleiten, um die Ausbildung von Blutgerinnseln in den flimmernden Herzvorhöfen zu vermeiden.

Dein wichtiger Score

Ab zwei Punkten bei Männern beziehungsweise drei Punkten bei Frauen wird die Einnahme von Antikoagulantien, also Blutgerinnungshemmern, auf jeden Fall empfohlen. Natürlich erhöht die Gabe von blutgerinnungshemmenden Medikamenten auch das Blutungsrisiko, weshalb das Risiko einer Blutung unter den Medikamenten immer sorgfältig abgewogen werden muss gegenüber dem Risiko des Schlaganfalles. Und ja, natürlich haben wir Mediziner auch für das Blutungsrisiko einen speziellen Risiko-Score entwickelt, den ich euch aber an dieser Stelle jetzt hier ersparen möchte…

 

Wichtig für dich zu wissen ist vor, dass selbst wenn nur einmal Vorhofflimmern bei dir sicher diagnostiziert wurde, dann steht bei entsprechendem CHA2DS2-VASC-Score die Indikation zur Antikoagulation. Diese ist auch nicht abhängig von der Dauer der Vorhofflimmer-Attacken. Und das gilt zum Beispiel auch für ein in guter Qualität aufgezeichnetes Smartphone-EKG, welches du deinem behandelnden Arzt vorzeigen kannst.

Die Therapie

So, wenn das Vorhofflimmern nun gesichert ist, dann erfolgt zum Schutz vor einer Blutgerinnselbildung mit dann drohendem Schlaganfall in aller Regel eine medikamentöse Blutgerinnungshemmung.

Das A – Antikoagulation

Einigen von euch wird noch das gute alte Marcumar beziehungsweise Falithrom ein Begriff sein. Menschen, die seit vielen Jahren problemlos auf diese Medikamente eingestellt sind, können diese auch wie gewohnt weiter einnehmen. So macht es zum Beispiel auch mein Vater.

 

Für eine Neueinstellung der Blutverdünnung sind aber seit einiger Zeit die direkten oralen Antikoagulantien, beziehungsweise DOAKS, also Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban und Dabigatran bei Menschen mit Vorhofflimmern Standard.

 

Noch ein Satz zum ASS, dem guten alten Aspirin, welches als Blutplättchenhemmer leider immer noch sehr häufig bei Vorhofflimmern eingesetzt wird. Dieses bietet aber keinen ausreichenden Schlaganfallschutz und hat daher bei Vorhofflimmern keinen Stellenwert mehr!

 

Jetzt hatten wir vorhin schon gesagt, dass das Schlaganfallrisiko immer auch gegen das Blutungsrisiko unter den blutgerinnungshemmenden Medikamenten abgewogen werden muss. Leider ist es meistens so, dass diejenigen Menschen, die ein besonders hohes Schlaganfallrisiko haben, gleichzeitig auch ein höheres Blutungsrisiko haben, weil die verantwortlichen Risikofaktoren größtenteils sehr ähnlich sind.

Ist das Blutungsrisiko deutlich erhöht, gibt es für ausgewählte Patienten auch noch die Möglichkeit, durch mechanische Verfahren die Blutgerinnselbildung in den Herzvorhöfen zu verhindern. Hierbei wird das sogenannten Herzvorhofsohr, das ist eine kleine Aussackung im linken Herzvorhof, in dem die allermeisten Blutgerinnsel entstehen, mit einem speziellen “device” verschlossen, das ganze nennt sich dann auch ganz passend: Vorhofohrverschluss. Für diejenigen von euch, die das interessiert habe natürlich auch schon ein Video gemacht.

Das B – bessere Symptomkontrolle

Als zweites folgt im ABC Schema das B für bessere Symptomkontrolle. Dabei muss man sagen, dass die Beschwerden, die beim Vorhofflimmern auftreten können, individuell extrem unterschiedlich sind. Der eine Patient ist stark beeinträchtigt mit ausgeprägtem Angstgefühl, Luftnot, Herzrasen und verschiedenen weiteren Symptomen, andere Menschen bemerken ihr Vorhofflimmern kaum oder sogar im schlimmsten Fall erst wenn eine Komplikation wie ein Schlaganfall eintritt.

Bei der Behandlung der Beschwerden beim Vorhofflimmern unterscheidet man grundsätzlich zwei Strategien, nämlich die sogenannte Rhythmuskontrolle und die Frequenzkontrolle. 

 

Was ist der Unterschied?

 

Bei der Rhythmuskontrolle wird versucht, den normalen regelmäßigen Sinusrhythmus wiederherzustellen, entweder mit Medikamenten oder einem unter Kurznarkose applizierten Stromimpuls, einer so genannten Kardioversion, die das Herz sozusagen wieder in den richtigen “Takt” bringt.

 

Bei der Frequenzkontrolle beschränkt man sich hingegen darauf, die Herzschlagfrequenz, also die Pulsfrequenz, mit Medikamenten wie z.B. Betablockern, abzubremsen, ohne aber das Vorhofflimmern selbst zu beseitigen. Das Herz schlägt also weiter unregelmäßig, wird aber gewissermaßen gebremst, wodurch das Vorhofflimmern sehr viel besser vertragen wird.

 

Nachdem viele Jahre beide Behandlungsansätze als gleichwertig erschienen, zeigen Studien jetzt einen Vorteil einer möglichst frühzeitigen rhythmuserhaltenden Behandlung, insbesondere bei Patienten, die ein noch nicht so lange bestehendes Vorhofflimmern haben. Der frühzeitige Versuch der Rhythmuskontrolle war zumindest in einer großen aktuelleren Studie mit besserem Überleben und einer geringeren Schlaganfallrate verbunden.

Ein interessantes Behandlungsverfahren, das ebenfalls in den Bereich der Rhythmuskontrolle gehört, also den regelmäßigen Herzrhythmus wiederherstellen soll, ist das sogenannte “Pill in the Pocket Konzept”. Das ist für Menschen geeignet, die nur gelegentlich von Vorhofflimmer-Attacken heimgesucht werden.

 

Was ist das? 

Diejenigen von euch, die der englischen Sprache mächtig sind, werden es schon erahnen: Bei diesem Verfahren nehmen Patienten, die lediglich einige Male pro Jahr an Vorhofflimmer-Attacken leiden und diese auch deutlich verspüren können bei Auftreten der Beschwerden selbstständig, also ohne sich jedes Mal beim Arzt vorzustellen, ein Rhythmusmedikament ein, wie das sogenannte Flecainid, wodurch es in der Regel innerhalb von Minuten bis Stunden zu einem Umspringen in den regelmäßigen Sinusrhythmus kommt.

 

Ein moderneres Verfahren zur effektiven rhythmuserhaltenden Behandlung von Vorhofflimmern ist die sogenannte Pulmonalvenenisolation. Dieses Verfahren wurde entwickelt, nachdem man festgestellt hatte, dass die Störimpulse, die das Vorhofflimmern auslösen, aus den Lungenvenen, die in den linken Herzvorhof münden, stammen. Indem man mit verschiedenen Verfahren diese Einmündungsstellen der Lungenvenen in den linken Herzvorhof durch eine Narbenbildung elektrisch isoliert, kann man das Vorhofflimmern in vielen Fällen beseitigen. 

 

Und was soll ich sagen? Natürlich habe ich auch zur Pulmonalvenenisolation schon ein schönes Video gemacht, schau mal rein 😉

 

So, jetzt haben wir also schon die ersten beiden Säulen der modernen Vorhofflimmer-Behandlung besprochen, nämlich das A für Antikoagulation, also eine Blutgerinnungshemmung, mit der wir uns vor einem Schlaganfall schützen können. Wir haben die zweite Säule, das B für bessere Symptomkontrolle besprochen, wobei wir hier zwei Behandlungstrategien, nämlich die Frequenz- und die Rhythmuskontrolle unterscheiden.

Das C – comorbidities

Nun komme ich noch zur dritten Säule in unserem ABC Schema, nämlich den comorbidities, wie der Engländer sagt, also den Begleiterkrankungen und Risikofaktoren. Diese werden leider häufig vernachlässigt, sind aber insgesamt auf die Prognose und Lebenserwartung betrachtet, am wichtigsten. Hierzu gehören die Reduktion von Übergewicht, Vermeidung von Alkohol, die optimale Einstellung des Blutdrucks sowie regelmäßige körperliche Aktivität.

 

Selbstverständlich sollten auch gegebenenfalls vorliegende weitere Erkrankungen, wie Diabetes oder zum Beispiel die sog. obstruktive Schlafapnoe, adäquat behandelt werden.

 

Wir fassen zusammen

 

Vorhofflimmern ist eine wirklich ernst zu nehmende Erkrankung, die im schlimmsten Fall zu einem verheerenden Schlaganfall führen kann. Deswegen ist die wichtigste Maßnahme, es nicht zu verdrängen. Und wie wir jetzt gesehen haben, haben wir verschiedenste sehr gute Möglichkeiten, das Vorhofflimmern in den Griff zu bekommen und uns vor verheerenden Komplikationen zu schützen.

Seid ihr von Vorhofflimmern betroffen oder kennt ihr Menschen in eurem Bekanntenkreis? Schreibt es sehr gerne in die Kommentare, mit welcher Therapieform ihr behandelt werdet.

Bleibt gesund,

euer Dr. Heart

Häufig gestellte Fragen zum Thema Vorhofflimmern

Vorhofflimmern ist eine häufige und bedeutsame Herzrhythmusstörung, bei der die koordinierte Aktivität zwischen den Herzvorhöfen und den Herzkammern gestört ist. Dies geschieht aufgrund chaotischer elektrischer Erregungen, die sich schnell in den Herzvorhöfen ausbreiten und zu unregelmäßigen Bewegungen der Herzvorhöfe führen. Dadurch kann das Herz nicht effektiv pumpen, was zu einem unregelmäßigen und oft schnellen Herzschlag von etwa 100-150 Schlägen pro Minute führt. Dieser Zustand kann unangenehme Symptome verursachen und birgt das Risiko eines Schlaganfalls.

Die Hauptziele bei der Vorhofflimmern-Behandlung sind:

  • Schlaganfallprävention: Dies umfasst die Verwendung von Blutgerinnungshemmern, um das Risiko von Schlaganfällen zu reduzieren, da Vorhofflimmern das Risiko erhöht, Blutgerinnsel zu bilden.

  • Symptomlinderung: Ziel ist es, unangenehme Symptome wie Herzrasen, Atemnot und Angst zu reduzieren, um die Lebensqualität zu verbessern.

  • Behandlung von Begleiterkrankungen und Risikofaktoren: Dies beinhaltet die Kontrolle von Bluthochdruck, Diabetes und anderen Gesundheitsproblemen, die Vorhofflimmern begleiten können, um die Gesundheit insgesamt zu optimieren.

Der CHA2DS2-VASC-Score ist ein Bewertungssystem, das verwendet wird, um das individuelle Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Vorhofflimmern abzuschätzen. Er berücksichtigt verschiedene Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Herzinsuffizienz, Bluthochdruck und Diabetes. Je höher der Score, desto höher ist das Schlaganfallrisiko. Ein Score von zwei oder mehr bei Männern bzw. drei oder mehr bei Frauen legt die Indikation zur Antikoagulation (Blutverdünnung) nahe, um das Risiko von Blutgerinnseln und Schlaganfällen zu reduzieren. Dieser Score hilft Ärzten bei der Entscheidungsfindung zur besten Behandlung für jeden Patienten.

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