Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
Kaffee und Herz
Kaffee – gesund oder ungesund?
Ist der wohlschmeckende Wachmacher tatsächlich schlecht für unseren Blutdruck und unser Herz? Die Antwort finden Sie hier!
Liebe LeserInnen,
so eine schöne, heiße Tasse frischer Kaffee ist ja schon eine feine Sache, aber: So lange ich mich erinnern kann, wurden dem Kaffee, nicht zuletzt aufgrund seiner anregenden Wirkung, immer wieder auch vermeintlich gesundheitsschädliche Wirkungen nachgesagt. In jüngster Zeit gab es dagegen häufiger Meldungen, Kaffee könnte vielleicht sogar eher förderliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben.
Was ist also nun wirklich dran an dieser teils etwas überhitzten Kaffee-Diskussion?
Zunächst einmal sollten wir uns vor Augen führen, dass, auch wenn die meisten von uns mit Kaffee in erster Linie nur das darin enthaltene Koffein als Wachmacher in Verbindung bringen, Kaffee natürlich eine Vielzahl, nämlich genau genommen >1000 unterschiedliche Substanzen enthält, die alle unsere Gesundheit potenziell beeinflussen können. Die in neueren Studien beobachteten gesundheitsförderlichen Wirkungen von Kaffee scheinen aber v.a. auf der Wirkung antioxidativer Substanzen, wie z.B. der sog. Polyphenole, insbesondere der sog. Chlorogensäure zu beruhen. Chlorogensäure wirkt entzündungshemmend und verhindert wahrscheinlich die Arteriosklerose-fördernde Oxidation von LDL-Cholesterin, die ja quasi den Schrittmacher der Arteriosklerose darstellt.
Von Seiten des Gehaltes an antioxidativen Substanzen scheint Kaffee also eher einen positiven, gesundheitsförderlichen Effekt zu haben. Kleiner Wermutstropfen:
Wer Kaffee gerne mit einem Schuss Milch genießt, der scheint wohl von den antioxidativen Eigenschaften des Kaffees nicht so profitieren zu können, da Milch die antioxidativen Eigenschaften des Kaffees herabzusetzen scheint. Wer kann, sollte also lieber schwarz genießen.
Aber wie schaut es nun tatsächlich mit dem Koffein aus?
Zunächst einmal ist natürlich Kaffee, insbesondere was den Koffeingehalt angeht, nicht gleich Kaffee, der Koffeingehalt ist sehr variabel und reicht von ca. 30 – 130 mg pro Tasse. Daneben ist es natürlich auch so, dass die Verträglichkeit von Koffein individuell höchst unterschiedlich ist. Sie ist abhängig von verschiedenen Faktoren wie Vererbung, dem Stoffwechsel (bestimmten Enzymausstattungen, CYP450), Gewicht, Geschlecht oder vorhandenen Erkrankungen, insbesondere Lebererkrankungen. Koffein hat ja bekanntlich eine wachmachende anregende Wirkung. Hier stellt sich die Frage: Müssen wir dann auch mit ungünstigen Auswirkungen auf den Blutdruck und ggf. mit Herzrhythmusstörungen rechnen?
Insgesamt betrachtet erstaunlicherweise nein! Koffein allein erhöht zwar den Blutdruck. In Bezug auf Kaffee gilt jedoch, dass Kaffee als ganzes Lebensmittel betrachtet den Blutdruck nur bei denjenigen für etwa 3 h erhöht, die ansonsten keinen Kaffee trinken. Reguläre Kaffeetrinker sind gewissermaßen daran gewöhnt. Zusätzlich gibt es die Hypothese, dass die Polyphenole, also die Antioxidantien im Kaffee auch einem Anstieg des Blutdrucks entgegenwirken.
Und wie steht es nun mit Kaffee und Herzrhythmusstörungen? Viele Menschen haben ja das Gefühl, dass Kaffee bei ihnen „Herzstolpern“ oder Herzrasen auslöst. Auch hier können neuere Studien eher Entwarnung geben. Der Konsum von Kaffee scheint nicht mit einer Anhäufung von Herzrhythmusstörungen vergesellschaftet zu sein. Eine Studie konnte sogar eine gewisse Schutzwirkung von Kaffee in Bezug auf das Auftreten von Vorhofflimmern beobachten. Der Kaffeekonsum war hier sogar mit einem um 21% geringeren relativen Risiko für Vorhofflimmern bei Genuss von 6-7 Tassen Kaffee pro Tag assoziiert.
Wir können also zusammenfassen:
Insgesamt betrachtet scheint Kaffee nach der derzeitigen Studienlage nicht schlecht für unser Herz zu sein. Kaffee enthält viele Antioxidantien, die wahrscheinlich für die in einigen Studien beschriebenen positiven gesundheitlichen Effekte von Kaffee verantwortlich sind. Wenn wir davon profitieren wollen, sollten wir ihn allerdings am besten schwarz genießen, da Milch diese Antioxidantien z.T. zu neutralisieren scheint. Bei Menschen, die sonst keinen Kaffee trinken, kann Kaffee den Blutdruck kurzzeitig erhöhen, bei regulären Genießern nicht. Nach der aktuellen Studienlage löst Kaffee keine Herzrhythmusstörungen aus und kann vielleicht sogar das Risiko für Vorhofflimmern reduzieren.
Die optimale Dosis scheint laut Studien bei 3-6 Tassen pro Tag zu liegen, aber wie schon gesagt:
Studien sind das eine, auf der anderen Seite haben wir ja auch schon gesagt, dass die Empfindlichkeit z.B. gegenüber dem Koffein individuell sehr unterschiedlich sein kann. Hohe Dosen an Koffein können natürlich sehr wohl bei empfindlichen Personen verheerende Folgen haben, wie ja z.B. auch der Fall des an einer „Überdosis“ Energydrinks verstorbenen Jugendlichen zeigt. Wie immer im Leben ist also alles eine Frage der Dosis. Letztlich muss jeder selber für sich herausfinden, wie er mit Kaffee zurechtkommt.
Literatur: