Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
Arteriosklerose – Lebenserwartung
Welche Lebenserwartung hat man mit Arteriosklerose?
Trotz immenser Fortschritte in der Medizin sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor die Haupttodesursache in den Industrieländern. Der mit Abstand wichtigste Faktor für die Entwicklung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung ist die Arteriosklerose. Damit wird die Arterienverkalkung zum bedeutsamsten Risiko für ein vorzeitiges Lebensende durch Herzinfarkt, Schlaganfall und Co.
Doch wie stark beeinflusst Arteriosklerose wirklich die Lebenserwartung?
Wie lange kann man mit Arteriosklerose leben?
Arteriosklerose ist weltweit für etwa 30% aller Sterbefälle verantwortlich. Sie ist mit einer schlechten Prognose assoziiert und reduziert die Lebenserwartung bei einem 60-jährigen Menschen um etwa 8-12 Jahre (abhängig von der aufgetretenen Komplikation).
Laut einer Studie aus dem Jahr 2017 and 5.000 jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren können bereits kleine Kalziumablagerungen in den Arterien vorhersagen, ob diese Person innerhalb weniger Jahrzehnte einen Herzinfarkt, der eventuell sogar tödlich endet, erleiden wird oder nicht. In einer Computertomographie (CT) wurden die Herzkranzarterien der Probanden auf Kalziumablagerungen untersucht. Laut der Forscher können bereits kleinste arteriosklerotische Veränderungen zu einer drastischen Verkürzung der Lebenserwartung führen. So steigt das Sterberisiko bei winzigen Mengen Kalzium über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren um etwa 10 Prozent. Wenn bereits mehr Kalzium erkennbar ist, beträgt das Sterberisiko bereits etwa 22 Prozent.
Sollte nun jeder, der sein Sterberisiko aufgrund von Arteriosklerose wissen möchte, ein CT durchführen lassen? Nein – das Sterberisiko lässt sich sehr gut anhand von bestimmten Risikofaktoren für Arteriosklerose bestimmen, die von jedem Arzt erfasst werden können. Bei diesen Risikofaktoren unterscheidet man veränderbare, also modifizierbare Risikofaktoren, und nicht-modifizierbare Risikofaktoren. Zu letzteren zählen z.B. das (genetische) Geschlecht und das Alter. Die gute Nachricht ist aber, dass wir über eine Beeinflussung der modifizierbaren Risikofaktoren einen extrem positiven Einfluss auf unsere Lebenserwartung nehmen können. Wir wissen nämlich, dass wir allein durch einen klugen Lebensstil min. 4 von 5 Herzinfarkten vermeiden können! Wir haben es also zum allergrößten Teil selber in der Hand…
Welche modifizierbaren Risikofaktoren für Arteriosklerose gibt es?
In der sogenannten INTERHEART-Studie wurden neun messbare und modifizierbare Risikofaktoren gefunden: Rauchen, Diabetes mellitus, Hypertonie, ein erhöhter Bauchumfang (“abdominelle Fettsucht”), psychosoziale Faktoren und Fettstoffwechselstörungen erhöhen das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung; Ernährung, Bewegung und ein ausgeglichenes “Seelenleben” sind dagegen schützende Faktoren. Dies gilt für Männer und Frauen gleichermaßen.
Wer also schädliche Faktoren größtenteils reduziert, und auf die schützenden Faktoren achtet, der kann auch sein Arterioskleroserisiko senken und damit die eigene Lebenserwartung deutlich steigern.
Wie schnell schreitet Arteriosklerose voran?
Arteriosklerose gilt als eine krankhafte Veränderung unserer Arterien, die normalerweise nur langsam, also über Jahre, letztlich über das gesamte Leben hinweg voranschreitet. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat nun aber herausgefunden, dass ca. 40 Prozent aller gesund erscheinenden Personen zwischen 40 und 50 eine sehr schnell fortschreitende Form der Arteriosklerose entwickeln. In der Studie wurden ca. 4000 gesunde Männer und Frauen im Alter zwischen 40 und 50 über eine Dauer von 10 Jahren auf Kalziumablagerungen in den Herzkranzarterien untersucht. Bislang ist noch unklar, ob diese schnell fortschreitende Form der Arteriosklerose auch mehr kardiovaskuläre Ereignisse (also z.B. Herzinfarkte oder Schlaganfälle) mit sich bringt. Es könnte aber sein, dass diese Personen auch ein höheres Risiko haben, Symptome zu entwickeln oder eben auch entsprechende Komplikationen.
Daneben gibt es auch eine beschleunigte Form der Arteriosklerose nach einer Herztransplantation, nach einem Bypass am Herzen, oder nach einer Ballonaufweitung einer Herzkranzarterie (PTCA). Man vermutet, dass dies damit zusammenhängt, dass das Endothel, also die Zellschicht, die das Gefäß von innen auskleiden, durch diese Verfahren geschädigt wird, was die Entwicklung einer Arteriosklerose begünstigt.
Ist Arteriosklerose tödlich?
Arteriosklerose kann zum Tod führen, da sie tödliche Komplikationen verursachen kann. Zu den wichtigsten, potentiell tödlichen Komplikationen einer Arteriosklerose zählen:
- Herzinfarkt
- Schlaganfall
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit
- Nierenschwäche/Nierenversagen
Zum Zeitpunkt unserer Geburt liegt die Wahrscheinlichkeit, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben, bei ca. 50%. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu versterben, liegt bei etwa 20 Prozent.
Aber: Wie wir gelernt haben können wir die Arteriosklerose durch einen smarten Lebensstil (und ggf. zusätzlich Medikamente) aufhalten…