Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Trikuspidalklappeninsuffizienz mit Herzkathetertechnik reparieren – das TriClip-Verfahren
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
eine hochgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz, also eine „Undichtigkeit“ der Trikuspidalklappe zwischen unserer rechten Herzkammer und unserem rechten Herzvorhof, hat eine sehr ernste Prognose. 36% der Patient/innen versterben im ersten Jahr nach Diagnose.
Aber welche grundsätzlichen Behandlungsoptionen gibt es?
Mit Medikamenten können wir lediglich Beschwerden wie Luftnot und Wassereinlagerungen abmildern aber nicht den Herzklappenfehler an sich beeinflussen. Und auch die Chirurgie bietet vielen betroffenen Menschen aufgrund des meist hohen Alters und gleichzeitig bestehender Nebenerkrankungen aufgrund des hohen Operationsrisikos oftmals keine wirklich reizvolle Alternative.
Nachdem sich an der Aorten- und der Mitralherzklappe sog. interventionelle, also minimal invasive, herzkathetergestützte Behandlungsverfahren bereits sehr erfolgreich durchgesetzt haben, sind nunmehr auch verschiedene Ansätze zur Herzkatheter-basierten Behandlung einer hochgradigen Trikuspidalklappeninsuffizienz im Behandlungsalltag angekommen.
Während herzkatheterbasierte Verfahren zum kompletten Ersatz der Trikuspidalklappe noch in Entwicklung sind werden verschiedene andere interventionelle Verfahren bereits heute erfolgreich eingesetzt. Neben Verfahren, die das Ziel haben den erweiterten Trikuspidalklappenring wieder zu verengen, um somit den Klappenschluss wiederherzustellen, sind nach den Erfolgen Clip-basierter Verfahren an der Mitralherzklappe derartige Verfahren nun auch an der Trikuspidalklappe auf dem Vormarsch. Durch die Verwendung einer oder mehrerer solcher Clips können die auseinandergezogenen Trikuspidalklappensegel wieder einander angenähert werden und damit die Undichtigkeit über der Trikuspidalklappe deutlich reduziert werden.
Ok, wie kann ich mir nun ein solches Verfahren konkret vorstellen?
In 85-90% einer schweren Trikuspidalklappeninsuffizienz liegt eine sog. funktionelle, bzw. sekundäre Klappeninsuffizienz vor. D.h.: Nicht die Herzklappe an sich ist defekt, sondern die intakte Klappe wird durch eine Erweiterung der rechten Herzkammer und des rechten Herzvorhofes auseinander gezogen, sodass die Herzklappe an ihren Klappenrändern nicht mehr dicht abschließen kann.
Hier kann nun mit einem Trikuspidalklappen-Clip-System Abhilfe geschaffen werden!
Unter Vollnarkose aber ohne Eröffnung des Brustkorbes und ohne Verwendung einer Herz-Lungen-Maschine wird gewissermaßen „minimal-invasiv“ über einen Herzkatheter eine Klammer über die Oberschenkelvene in den rechten Herzvorhof vorgeführt.
Über einen dünnen, flexiblen Führungsdraht wird zunächst der steuerbare Führungskatheter in den rechten Herzvorhof vorgeführt.
Der TriClip wird nun durch den Führungskatheter in den rechten Herzvorhof eingeführt und genau passend über der undichten Trikuspidalherzklappe ausgerichtet und schließlich durch die Herzklappe vorgeführt.
Unter kontinuierlicher Röntgen- und 3D-Ultraschallkontrolle wird der Clip so an 2 der undichten Trikuspidalklappensegel positioniert, dass diese wieder deutlich besser schließen kann. Dabei wird die bestmögliche Position des Clips am schlagenden Herzen ständig überprüft und kann ggf. auch korrigiert werden.
Bei gutem Ergebnis wird der Clip komplett freigesetzt und verbleibt dann dauerhaft an der Herzklappe, wo er im Verlauf von körpereigenen Zellen überwachsen wird.
Falls notwendig, kann diese Prozedur mit einem weiteren Clip wiederholt werden bis die Undichtigkeit der Trikuspidalklappe ausreichend reduziert ist.
In den allermeisten Fällen lässt sich wie hier sehr schön erkennbar direkt eine deutliche Reduktion der Trikuspidalinsuffizenz erreichen.
Je nachdem ob nur ein oder mehrere Clips eingesetzt werden müssen dauert die gesamte eben gezeigte Prozedur zwischen 30 und 120min. und ist natürlich aufgrund des schonenden Zugangsweges über die Oberschenkelvene weit weniger belastend als eine herkömmliche Herzklappenoperation, sodass dieser Eingriff eben auch für ältere Menschen mit Begleiterkrankungen in Frage kommt. In der Regel kann das Krankenhaus nach wenigen Tagen bereits wieder verlassen werden.
Die Wirksamkeit und Sicherheit des TriClip-Systems konnte kürzlich in den 2 Jahresdaten der sog. TRILUMINATE-Studie an 48 Patienten mit symptomatischer Trikuspidalinsuffizienz bestätigt werden.
2 Jahre nach erfolgtem Clipping-Eingriff betrug der Anteil der Patient/innen mit nur noch milder bzw. moderater Trikuspidalklappeninsuffizienz 60% verglichen mit lediglich 4% vor dem Eingriff.
Aber noch wichtiger ist ja das Befinden, sprich die Reduktion der Beschwerden der behandelten Patient/innen:
2 Jahre nach der Intervention an der Trikuspidalklappe waren 81% der behandelten Patient/innen in der sog. NYHA-Klasse 1 oder 2, sprich sie hatten entweder keine oder nur geringe Beschwerden. Vor Behandlung traf dies nur auf 33% der Patient/innen zu!
Daneben wissen wir ja auch aus vielen Studien, dass sich wiederholt notwendige Krankenhausaufnahmen sehr ungünstig auf den weiteren Krankheitsverlauf auswirken. Auch Krankenhausaufnahmen konnten durch das Verfahren 2 Jahre nach dem Eingriff um 49% reduziert werden.
Trotz der hohen Wirksamkeit des Verfahrens zeigte sich in der TRILUMINATE-Studie ein erfreulicherweise gutes Sicherheitsprofil mit einer über 81%igen 2-Jahres-Überlebensrate der ja schon sehr alten Patient/innen mit vorhandenen Begleiterkrankungen.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
viele Zahlen und Fakten. Ich denke wir können mit nachhause nehmen, dass Herzkatheter-basierte Therapieverfahren, wie das dargestellte TriClip-System, schon heute eine echte Behandlungsalternative für viele Menschen mit einer schweren Trikuspidalklappeninsuffizienz darstellen.
Ob ein solches System ggf. auch für Sie geeignet sein könnte, das erfahren Sie im vertrauensvollen Gespräch mit Ihren behandelnden Ärzten. Im sog. Heart-Team, also einem Zusammenschluss der verschiedenen Herzexperten, kann dann in Abhängigkeit Ihrer speziellen Befunde unter Abwägung sämtlicher Vor- und Nachteile über das für Sie am besten geeignete Vorgehen zusammen mit Ihnen entschieden werden.
Das war es erstmal von meiner Seite,
bis dahin,
machen Sie es gut,
Ihr Dr. Heart