Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Schlaganfälle verhindern mit dem PFO-Verschluss
Was tun bei Schlaganfall aufgrund eines Herzfehlers?
Schlaganfälle ohne klare Ursache – verantwortlich kann ein offenes Foramen ovale im Herzen sein. Was kann man tun, um ein erneutes Ereignis zu verhindern? Schauen Sie selbst!
Liebe LeserInnen,
in den meisten Fällen stammen die Blutgerinnsel, die eine Hirnarterie verstopfen und zu einem Schlaganfall führen, aus den Hals- bzw. Hirnarterien, oder sie bilden sich im linken Herzvorhof bei Patienten, die unter einem Vorhofflimmern leiden. Bei einem beträchtlichen Anteil der Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, gerade auch oftmals jüngeren Schlaganfall-Patienten, lässt sich jedoch keine eindeutige Ursache finden. An den Halsschlagadern finden sich keine relevanten arteriosklerotischen Ablagerungen, die als Schlaganfallursache in Betracht gezogen werden könnten, und auch Vorhofflimmern lässt sich nicht nachweisen. In diesen Fällen spricht man dann von einem sog. kryptogenen Schlaganfall, sprich: Wir Ärzte wissen auch nicht, woher er gekommen ist!
Häufig kann man in diesen Fällen bei der Ultraschall-Untersuchung des Herzens ein lappenförmiges Loch in der Scheidewand zwischen dem rechten und dem linken Herzvorhof nachweisen. Dieses dient in der Fetalzeit, also für das ungeborene Baby im Mutterleib, als praktische Kurzschlussverbindung, mit der das Blut im kindlichen Kreislauf an der kindlichen Lunge vorbei direkt vom rechten Herzvorhof in den linken Herzvorhof und damit in den Körperkreislauf geleitet wird. Das macht ja auch Sinn, da der Fetus ja während der Schwangerschaft ja keine Luft atmen kann und die Lunge daher nicht für den Gasaustausch zur Verfügung steht.
In der Regel verschließt sich diese als „Foramen ovale“ bezeichnete lappenförmige Kurzschlussverbindung nach der Geburt des Kindes. Bei ca. 25% der Menschen ist dies jedoch nicht der Fall und es verbleibt ein sog. PFO, ein persistierendes Foramen ovale, d.h., das beschriebene lappenförmige Loch in der Scheidewand zwischen den Herzvorhöfen bleibt dann also auch im Erwachsenenalter geöffnet.
Die allermeisten Menschen mit einem solchen persistierendem Formen ovale sind beschwerdefrei. Prinzipiell besteht aber die Möglichkeit, dass sich Blutgerinnsel, die sich in einer Körpervene, z.B. einer Bein- oder Beckenvene, bilden, in den rechten Herzvorhof transportiert werden, dann über das offen gebliebene Foramen ovale in den linken Herzvorhof gelangen und von dort aus mit dem Blutstrom in eine Hirnarterie verschleppt werden. Und dort kann das Blutgerinnsel dann eine Hirnarterie verstopfen und somit einen Schlaganfall verursachen.
Bislang wurden Patienten mit einem kryptogenen Schlaganfall einfach nur mit Aspirin, ASS behandelt. In jüngster Zeit haben jedoch gleich 3 Studien zeigen können, dass Patienten in Bezug auf die Verhinderung eines erneuten Schlaganfalls davon profitieren können, wenn dieses Loch in der Vorhofscheidewand mit einem kleinen „Schirmchen“ verschlossen wird, sodass Blutgerinnsel nicht mehr aus dem rechten Herzvorhof in den linken Herzvorhof und damit in den Körperkreislauf, und v.a. nicht mehr in das Gehirn gelangen können. Dies gilt nach Auswertung der Studien v.a. für jüngere Patienten, bei denen ein besonders großes Foramen ovale, also eine sehr große Kurzschlussverbindung nachgewiesen werden konnte.
Technisch sieht das so aus, dass über einen kleinen Einschnitt in der Leiste eine große Leistenvene punktiert wird und schließlich ein spezieller Katheter unter Röntgenkontrolle zum Herzen vorgeschoben wird.
In diesem Katheter zusammengefaltet befindet sich ein solches kleines Implantat, der sog. Okkluder. Und dieses doppelt-scheibenförmige Schirmchen besteht aus einem Metallgeflecht, in dessen Mitte Polyestergewebe zur besseren Abdichtung eingebracht ist.
Der Katheter wird nun durch das beschriebene lappenförmige Loch in der Vorhofscheidewand, das persistierende Foramen ovale, hindurchgeschoben, und die Schirmchen werden nacheinander auf beiden Seiten der Vorhofscheidewand entfaltet und freigesetzt. Der Okkluder verbleibt nun dauerhaft im Herzen und verschließt die Kurzschlussverbindung zwischen rechtem und linken Herzvorhof. Ein Übertritt von Blutgerinnseln aus dem rechten in den linken Herzvorhof ist somit nicht mehr möglich.
Dieser Eingriff dauert im Normalfall 1-2 Stunden und wird in einem Herzkatheterlabor durchgeführt. Letztlich ist dieses Verfahren bereits seit 20 Jahren in Europa etabliert und wird aufgrund der besprochenen neuen Studienergebnisse in Zukunft wahrscheinlich viel häufiger angewendet werden.
Wenn Sie jetzt erfahren wollen, ob dieses Verfahren vielleicht für Sie geeignet sein könnte, dann sprechen Sie bitte mit Ihren behandelnden Ärzten, die natürlich Sie und Ihre Befunde am besten kennen!