Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
An Liebeskummer sterben? Das Broken-Heart-Syndrom
Tod durch Liebeskummer? Derartige Schlagzeilen geistern ja immer wieder durch die Laienpresse, und ich selber wurde sogar auch schon einmal zu diesem Thema im Frühstücksfernsehen interviewt, wenn Sie Lust haben könne Sie ja mal reinschauen. Was es tatsächlich mit diesem ominösen „Broken Heart-Syndrom“, also dem Syndrom des gebrochenen Herzens auf sich hat, und ob wir tatsächlich an Liebeskummer versterben können, das erfahren Sie in diesem Beitrag!
Erinnern Sie sich noch an Ihren letzten so richtig heftigen heftigen Liebeskummer? Bei mir ist das schon ein Weilchen her, aber tatsächlich kann es einem so vorkommen, als ob einem sprichwörtlich das Herz zerbricht. Aber kann das gesunde Herz tatsächlich im eigentlichen Sinne Schaden nehmen durch heftige emotionale Ereignisse? Die Antwort ist ja!
Zum einen ist es natürlich so, dass bei einem schon erkrankten Herzen, also z.B. einer schon bestehenden koronaren Herzkrankheit durch emotionale Ereignisse zu Blutdruckspitzen kommen kann, die dann z.B. eine instabile Ablagerung, eine sog. Plaque, in einer Herzkranzarterie aufreissen lassen und somit durch eine akute Blutgerinnselbildung einen Herzinfarkt verursachen können.
Daneben gibt es aber auch noch ein selteneres etwas ominöses Krankheitsbild.
Ich erinnere mich dabei an meine Krankenhauszeit als ich als damals noch junger Stationsarzt in der Kardiologie gearbeitet habe. Damals war eine ältere Dame auf dem Stationsflur zusammengebrochen, nachdem sie vom Tod Ihres Ehemannes erfahren hatte. Sie klagte über Schmerzen in der Brust, Luftnot und Angstgefühl und im EKG, welches wir unter dem V.a. einen Herzinfarkt natürlich gleich aufgezeichnet hatten, stellten sich Veränderungen passend zu einem Herzinfarkt dar. Selbst die Blutwerte zeigten einen Anstieg der Herzenzyme, sodass wir unter dem Verdacht auf einen akuten Herzinfarkt notfallmäßig eine Herzkatheteruntersuchung durchführten.
Entgegen unseren Erwartungen zeigte sich dabei keine verengte oder verstopfte Herzkranzarterie, wie man dies ja bei einem Herzinfarkt erwarten würde sondern eine ausgeprägte Aufweitung und komplette Bewegungslosigkeit der Herzspitze!
Dieser Befund, also diese aufgeweitete, stillstehende Herzspitze mit kompensatorischer Mehrarbeit der übrigen Abschnitte der linken Herzkammer bei gleichzeitig gut durchbluteten, also nicht verstopften Herzkranzarterien, ist ganz typisch für das sog. Takotsubo-Syndrom, das Broken Heart Syndrom bzw. auch als Stresskardiomyopathie bezeichnet.
Klinisch ist diese TCC wie in unserem Beispiel erst einmal nicht von einem Herzinfarkt zu unterscheiden.
Die Ursache ist trotz intensiver Forschungen weiterhin relativ unklar, vermutet wird eine Schädigung des Herzmuskels durch Stresshormone, denn das „Broken Heart Syndrom“ tritt meistens nach schweren seelischen Belastungen wie den Verlust eines geliebten Menschen, aber auch nach anderen starken emotionalen Belastungen auf, daher ja auch die Bezeichnung Stresskardiomyopathie. Das Krankheitsbild kann aber auch durch starke körperliche Belastungen wie Operationen oder einen Schlaganfall und interessanterweise sogar durch eigentlich erfreuliche Ereignisse, wie z.B. einen Lottogewinn ausgelöst werden! Dann spricht man auch vom „Happy Heart Syndrom“..
Entgegen der Darstellung in den Medien sind allerdings überwiegend Frauen nach den Wechseljahren betroffen, also eher nicht unbedingt das 14-jährige Mädchen, das nach intensiver 3-monatiger Liebesbeziehung von Ihrem Freund verlassen wurde…
In den allermeisten Fällen erholt sich das Herz von selber und ohne eine spezielle Behandlung von der Erkrankung doch es können in der akuten Anfangsphase der Erkrankung auch gefährliche, im Extremfall sogar tödliche Komplikationen wie ein Schock durch ein Pumpversagen des Herzens oder gefährliche Herzrhythmusstörungen bis hin zum unbehandelt tödlichen Kammerflimmern auftreten, deshalb werden betroffene Patientinnen auch auf der Intensivstation betreut und überwacht. Insgesamt ähnelt die die Prognose des TCC, nachdem man lange Zeit geglaubt hat, dass die Erkrankung eher gutartig ist, wie neuere Studien zeigen, wohl eher der von Patienten mit einem klassischen Herzinfarkt.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
müssen wir jetzt Angst haben beim nächsten heftigen Kummer tot umzufallen?! Eher nicht, das Broken Heart Syndrom ist insgesamt selten, betrifft wie gesagt meist ältere Damen und noch viel seltener kommt es zu den angesprochenen Komplikationen.
Aber: es zeigt uns einmal mehr auf eindrucksvolle Weise wie sehr sich doch unser Seelenleben auf unser Herz und unsere Gesundheit ingesamt auswirkt und wie wichtig es daher ist sich nicht nur regelmäßig um das körperliche Wohlbefinden zu sorgen sondern v.a. auch um unsere Seele!