Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linksventrikuläres Herzunterstützungssystem (LVAD – künstliche Herzpumpe)
Leben retten mit der „Herzpumpe“ – Das Linksherzunterstützungssystem (LVAD)
Für Patienten mit einer schwersten Herzschwäche, die vergebens auf ein rettendes Spenderorgan warten, oftmals eine lebensrettende Alternative – Herzpumpen-Systeme bzw. sog. ventrikuläre Unterstützungssysteme (VAD)
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
weltweit leiden geschätzte 26 Mio. Menschen an einer Herzschwäche, einer sog. Herzinsuffizienz. Aber das ist ja erstmal nur eine Zahl. Was genau aber ist überhaupt eine Herzschwäche? Was bedeutet diese Erkrankung für betroffene Menschen konkret? Wie kann eine solche kleine High-Tech-Pumpe, eine solche kleine Herzpumpe, schwerst kranken Menschen helfen ein lebenswertes Leben zu führen und am allerwichtigsten: Kann so eine Herzschwäche vielleicht auch Sie treffen?
Eine Herzschwäche ist letztlich eine Pumpleistungsschwäche unseres Herzens, die durch ganz unterschiedliche Erkrankungen bedingt sein kann. Meistens ist die Ursache eine Durchblutungsstörung unseres Herzens, eine sog. Koronare Herzkrankheit, mit erlittenen Herzinfarkten wie in unserem Patientenbeispiel oder aber ein lange Zeit nicht, oder nicht ausreichend behandelter Bluthochdruck (art. Hypertonie, Hypertonus). Daneben können aber auch viele weitere Erkrankungen, insbesondere auch schwere, meist Virus-bedingte Entzündungen unseres Herzens, eine sog. Myokarditis, zu einer schweren Verminderung der Pumpleistung unseres Herzens führen. Und diese Pumpleistungsschwäche unseres Herzens führt dazu, dass die Organe in unserem Körper nicht mehr ausreichend durchblutet werden können.
Und wenn das der Fall ist, dann leiden wir an quälender Luftnot, weil sich das Blut vor dem schwachen Herzen in unsere Lunge zurückstaut, wir sind ständig müde, abgeschlagen und antriebslos und wir haben dicke Beine, weil sich Wassereinlagerungen in den Unterschenkeln ausbilden. Und das sind nur ein paar von vielen weiteren Beschwerden, die unsere Lebensqualität bei einer Herzschwäche massiv einschränken.
Glücklicherweise sind in der Behandlung der Herzschwäche in den vergangenen Jahrzehnten bahnbrechende Fortschritte sowohl durch Entwicklung neuer, hochwirksamer Herzmedikamente als auch in der technischen Unterstützung des Herzens mit verschiedensten intelligenten Herzschrittmachersystemen erreicht worden. Dennoch gibt es immer wieder Patienten, bei denen trotz all dieser modernen „high-tech“-Behandlungsmaßnahmen die Herzleistung weiterhin so stark eingeschränkt ist, dass Sie, um weiterleben zu können, dringend auf ein Spenderherz, also eine Herztransplantation, angewiesen sind.
Für Menschen, für die entweder noch kein Spenderorgan gefunden werden konnte oder für die aus bestimmten Gründen wie z.B. einem fortgeschrittenen Alter, eine Organtransplantation nicht mehr in Frage kommt, gibt es eine weitere hoffnungsvolle Behandlungsoption, nämlich Kunstherzsysteme bzw. sehr viel häufiger solche, sog. Linksherzunterstützungssysteme, also „künstliche Herzpumpen“.
Solche Herzunterstützungs-Systeme waren ursprünglich für Patienten gedacht, bei denen erst einmal nur die Wartezeit bis zu einer Herztransplantation überbrückt werden sollte. Weil es aber leider dauerhaft viel zu wenig Spenderorgane gibt und gleichzeitig die Herzpumpensysteme technisch immer weiter verbessert werden konnten, werden Linksherzunterstützungssysteme immer häufiger auch zur Langzeittherapie, also zur dauerhaften Behandlung, eingesetzt, z.B. dann, wenn das Herz noch viele Jahre lang unterstützt werden muss, eine Herztransplantation für den Patienten aber nicht in Betracht kommt.
Ok, klingt ja erstmal ziemlich abgefahren „Kunstherz“, wie funktioniert ein solches System?
Ein linksventrikuläres Unterstützungssystem, auch als LVAD für Left Ventricular Assist Device, abgekürzt, ist eine mechanisch arbeitende Pumpe, die an der Spitze der geschwächten linken Herzkammer in einer Operation implantiert wird. Die Pumpe saugt das Blut kontinuierlich aus der linken Herzkammer heraus und pumpt es dann über einen Schlauch in die Hauptschlagader und somit in den Körperkreislauf. Das schwache Herz des Patienten schlägt und arbeitet dabei weiter, wird aber durch das VAD-System dabei unterstützt, mehr Blut mit weniger Kraftaufwand in den Körper zu pumpen. Dadurch kann die Durchblutungssituation unserer Organe wieder deutlich verbessert werden.
Die Herzpumpe wird über ein Antriebskabel, welches durch die Haut aus dem Körper heraus geleitet wird, mit den Batterien und einem sog. Steuerungscomputer verbunden. Die Batterien können die Pumpe max. 17 Stunden mit Energie versorgen. Das ist schon ein wirklich langer Zeitraum, in dem man sich frei ausser Haus bewegen kann…
Moderne LVAD-Systeme, also derartige „künstliche Herzpumpen“, fördern bis zu 10 Liter Blut pro Minute und arbeiten dennoch geräuschlos, was natürlich ein ganz wichtiger Punkt ist, wenn man sich frei in der Öffentlichkeit aufhalten will, ohne sofort als Herzpatient aufzufallen.
Der Controller, also quasi das „Gehirn“ des Systems, kann bei einem Gewicht von nur 500g und einer kompakten Größe bequem und unauffällig in der Hosentasche getragen werden. Das ist schon eine gigantische Entwicklung wenn man sich vor Augen führt wie „Kunstherzen“ noch vor einigen Jahren aussahen…
Klingt ja erstmal alles total super, welche Herausforderungen gibt es noch zu bewältigen?
Die häufigsten Komplikationen sind Infektionen an den Eintrittstellen der zuführenden Kabel, die im schlimmsten Fall sogar eine Blutvergiftung hervorrufen können. Daher wird weiter mit Hochdruck an einer kabellosen Übertragung von Energie und Information zwischen der Pumpe und dem Controller und Batterien gearbeitet.
Daneben kann es in den Pumpensystemen, die ja für den Körper eine fremde Oberfläche darstellen und die natürlich auch die natürliche Blutströmung verändern, auch zu einer Blutgerinnselbildung kommen. Werden diese Blutgerinnsel mit dem Blutstrom in die Organe verschleppt, dann kann dies schlimmstenfalls zu Organinfarkten wie einem Schlaganfall führen.
Glücklicherweise konnten derartige Blutgerinnselbildungen in der Herzpumpe durch spitzfindige technische Verbesserungen, bei denen die Rotor-Einheit der Pumpe quasi zum „Schweben“ gebracht wird, sodass es kaum noch zu einer mechanischen Schädigung des durch die Pumpe strömenden Blutes kommt, drastisch reduziert werden.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
Linksherzunterstützungssysteme retten schon heute Leben und v.a. Lebensqualität von betroffenen Menschen und in Forschungslaboren wird weltweit mit Hochdruck daran gearbeitet, diese Systeme technisch immer weiter zu verbessern und noch langlebiger zu machen. Bis das perfekte System entwickelt ist brauchen Menschen aber weiterhin dringend Spenderorgane, um dauerhaft ein lebenswertes Leben führen zu können.
Und daher bitte ich Sie, diskutieren Sie das Thema Organspende mit den Menschen, die Ihnen nahe stehen. Entscheiden Sie sich dann klar für oder gegen eine Organspende und dokumentieren Sie diese Entscheidung in einem Organspendeausweis, den Sie dann von jetzt an immer bei sich führen.
Und einen letzten Punkt möchte ich Ihnen auch noch im wahrsten Sinne des Wortes ans Herz legen: In den meisten Fällen entwickelt sich eine Herzschwäche nicht schicksalhaft, sondern als Folge einer Durchblutungsstörung unseres Herzens, der sog. Koronaren Herzkrankheit oder als Folge eines Bluthochdruckes. Diese Erkrankung sind aber nicht schicksalhaft, sondern in 90% durch einen klugen Lebensstil mit ausreichend Bewegung, kluger Ernährung und ausreichend Entspannung vermeidbar.
Also, wie so oft, haben wir es in den allermeisten Fällen mal wieder selbst in der Hand uns vor schweren Erkrankung, wie der Herzschwäche, zu schützen.
Bis dahin,
machen Sie es gut und hören Sie auf Ihr Herz
Ihr Dr. Heart!