Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Durch die WM ohne Herzinfarkt mit Dr. Heart
Wie kann man die WM „herzschonend“ genießen?
Dr. Heart gibt Tipps, wie man die aufregende WM-Phase ganz ohne Herzinfarkt übersteht
So manche Ehefrau sieht der nahenden WM vielleicht schon ganz bange entgegen und hofft, dass sie an ihrem herzkranken Mann ohne größere Herzprobleme vorüberzieht. In der Tat kann ein zu starkes Mitfiebern bei Sportereignissen für ein bereits angeschlagenes Herz-Kreislauf-System zur Belastung werden.
Dieser Zusammenhang konnte bei der WM 2006 sogar wissenschaftlich nachgewiesen und im weltberühmten Medizinjournal NEJM veröffentlicht werden. Es zeigte sich, dass Männer während spannender Spiele mehr als dreimal so viele Herzinfarkte erlitten wie in einem Kontrollzeitraum ohne Fußball-WM.
Wie kann man das erklären? Bei Menschen, die bereits an einer Herzerkrankung wie der koronaren Herzerkrankung leiden, kann es theoretisch tatsächlich durch stressbedingte Blutdruckspitzen zu einem Einreißen von instabilen Ablagerungen, sog. Plaques, in den Herzkranzarterien mit dann nachfolgendem Herzinfarkt kommen.
Darf ich denn nun mit gutem Gewissen die WM genießen? Ja! Denn die gute Nachricht vorweg: Ein gesundes Herz verträgt ein noch so spannendes Fußballspiel, selbst wenn es am Ende in die 11m-Verlängerung geht.
Wenn Sie allerdings bereits an einer Herzerkrankung wie der Koronaren Herzerkrankung leiden oder Bluthochdruck haben, dann gibt es ein paar ganz einfache, sinnvolle Tipps, die Sie als Herzpatient berücksichtigen sollten um Ihr persönliches Risiko zu minimieren:
- Schauen Sie nicht nur den Spielern während des Spiels beim Rennen und Schwitzen zu, sondern bleiben Sie, insbesondere während der Turnierwochen auch selber sportlich aktiv. Das hilft, Ihr Stresslevel zu senken und den Blutdruck besser zu kontrollieren.
- Stellen Sie sicher, dass Ihr Blutdruck gut eingestellt ist und halten Sie bei grenzwertigen oder ungenügend kontrollierten Werten Rücksprache mit Ihrem Arzt.
- Nehmen Sie Ihre Herz- und Blutdruckmedikamente regelmäßig ein. Wenn Sie besonders dazu neigen schnell aus der Haut zu fahren, achten Sie darauf Ihre abendlichen Blutdrucktabletten und insbesondere Betablocker rechtzeitig zu nehmen. Wenn Sie so eine richtige „Heißdüse“ sind, können Sie sogar mit Ihrem Arzt diskutieren ihren abendlichen Betablocker ggf. etwas höher zu dosieren, um sich vor gefährlichen Blutdruckspitzen zu schützen.
- Besonders verqualmte und verrauchte Kneipen sind als public-viewing Stätten zu meiden; auch Passivrauchen belastet Ihr Herz.
- Wenn Sie selber merken, dass die Spannung zu belastend wird, dann gönnen Sie sich eine kleine Auszeit auf dem Balkon und nutzen Sie vielleicht auch die Halbzeit, um wieder schön runter zu kommen, anstatt sich in einem Streitgespräch mit anderen Fußballexperten zu duellieren.
- Wie steht’s mit Alkohol? Auch hier gilt wie immer: Alles eine Frage der Dosis! Während zu große Mengen alkoholischer Getränke den Blutdruck steigern und damit unser Herz belasten, kann ein Glas Bier oder Wein sogar helfen das Spiel im wahrsten Sinne des Wortes etwas entspannter anzugehen.
- Sollten trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bei Ihnen oder einer anderen Person Beschwerden wie Brustschmerz oder Luftnot auftreten, dann alarmieren Sie umgehend den Notarzt, warten Sie nicht bis zum Ende des 11m-Schießens!
Letzter und vielleicht wichtigster Punkt: Genießen Sie die Spiele, ein minimales Restrisiko ist im Leben nie ganz auszuschließen – oder wie mein alter Kardiologieprofessor immer sagte: Das Leben ist eine sexuell übertragbare Erkrankung mit stets tödlichem Ausgang.“ In diesem Sinne, genießen Sie Ihr Leben, und zwar jetzt!