Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
Medikamente zur Raucherentwöhnung
Rauchstopp mit Medikamenten?
Liebe Leute,
die meisten Raucher:innen wollen mit dem Rauchen aufhören, schließlich sind ja die desaströsen Folgen dieser Sucht nicht zuletzt in schrecklichen Bildern auf jeder Zigarettenschachtel zu sehen. Traurige Tatsache ist aber, dass es die meisten betroffenen Menschen dennoch nicht schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören.
Was macht es so schwer vom Glimmstängel loszukommen? Und wie können wir es dennoch schaffen, darum geht es in diesem Video!
Das entscheidende Problem beim dauerhaften Rauchstopp ist unser sog. Prozessgedächtnis. Dort speichern wir Tätigkeiten, die wir ständig wiederholen, wie z.B. Radfahren, Autofahren, Gehen und eben leider auch das Rauchen. Durch die tausend-millionenfache Wiederholung dieser Tätigkeiten bildet zwischen unseren Nervenzellen ein starkes Netzwerk aus, das im Laufe unseres Lebens nicht mehr aufgelöst wird. Dadurch wird also das Rauchen für uns im wahrsten Sinne des Wortes zu einem “strukturellen Problem”!
Selbst wenn wir es schaffen vom Rauchen loszukommen wird dieses Netzwerk im Prozess-Gedächtnis lediglich stillgelegt, es existiert aber weiter. Und mit dem Anzünden auch nur einer einzigen Zigarette, ist dieses Netzwerk wieder voll aktiv und wir haben den Rückfahrschein in die Sucht eingelöst…
Nichts desto trotz, ein dauerhafter Rauchstopp ist möglich, ich selber kenne einige ehemalige Raucher, die es geschafft haben, wenn auch nicht unbedingt gleich beim ersten Anlauf, und die jetzt schon viele Jahre rauchfrei sind.
Hier also ein kleiner Überblick der verschiedenen Hilfsmittel und Tipps:
Überblick der pharmakologischen Hilfsmittel
Fangen wir an mit den pharmakologischen Hilfsmitteln und beginnen mal mit den Nikotinersatzprodukten bzw. der Nikotinersatztherapie. Ziel hierbei ist es, das eigentlich suchterzeugende Nikotin, welches den Raucher zur Zigarette greifen lässt, durch verschiedene Nikotinersatzprodukte zu ersetzen, die dann schrittweise reduziert werden können. Unser Körper bekommt also weiterhin, zumindest für eine gewisse Zeit, sein Nikotin, ohne dass wir dazu rauchen müssen.
Wir trennen hierbei also das suchtauslösende Nikotin von den hauptsächlich während des Verbrennungsprozesses der Zigarette entstehenden krebserregenden und Blutgefäß-schädigenden Giftstoffen. Dadurch, dass weiter Nikotin zugeführt wird treten die klassischen Entzugssymptome deutlich weniger stark auf.
Die verschiedenen Nikotinersatzprodukte reichen von Pflastern über Kaugummis, Sprays, Inhalatoren bis hin zu Nikotintabletten. Dabei hat die Art der NET eher keinen Einfluss auf die Wirksamkeit, entscheidend ist hier die Dosis des Nikotins.
Interessanterweise hält bei den Nikotinersatzprodukten doppelt scheinbar besser: Die Verwendung von Nikotinpflastern und einer anderen Art von Nikotinersatztherapie, wie z.B. Kaugummis oder Lutschtabletten, zusammen macht es immerhin 15 % bis 36 % wahrscheinlicher, dass wir es wirklich schaffen mit dem Rauchen aufzuhören, als wenn wir nur eine Art von Nikotinersatztherapie verwenden.
Bupropion
Daneben gibt es ja auch noch Medikamente wie das Bupropion. Bupropion ist eigentlich ein Antidepressivum, das aber für den Rauchentzug in Deutschland zugelassen ist. Es ist verschreibungspflichtig, wird jedoch leider von den Kassen bislang nicht erstattet, obwohl es gut wirksam ist:
Es kann nämlich die Wahrscheinlichkeit, auch langfristig abstinent zu bleiben, verdoppeln. Die Behandlung mit Bupropion beginnt bereits vor dem Rauchstopp: Die erste Tablette nimmt man ein bis 2 Wochen vor dem Tag, an dem man mit dem Rauchen aufhört. Die Behandlung wird dann noch für sieben Wochen fortgeführt.
Vareniclin
Ein weiteres bekanntes Medikament, welches beim Rauchstopp helfen kann ist das Vareniclin. Vareniclin, Handelsname Champix, ist ein sog. Partialagonist an einem bestimmten Nikotinrezeptorsubtyp, der für die suchterzeugende Wirkung des Nikotins mitverantwortlich zu sein scheint. Als Partialagonist aktiviert Vareniciclin diesen Rezeptor partiell, also teilweise, wodurch Entzugssymptome reduziert werden. Auf der anderen Seite blockiert es durch seine Bindung den Rezeptor für von außen zugeführtes Nikotin. Damit kann das Rauchen nicht mehr seine gewohnte angenehme Wirkung erzielen.
Somit dämpft Vareniciclin also die Entzugserscheinungen und mindert gleichzeitig das “Vergnügen” am Rauchen. Auch hier beginnt die Behandlung vor dem Rauchstopp. Die Dosis wird dann schrittweise erhöht, insgesamt dauert die Behandlung mit Vareniclin zwölf Wochen. Derzeit gilt Vareniclin als das wirksamste Mittel zur Raucherentwöhnung: In Studien konnte nach sechs Monaten eine Erfolgsrate von 25 bis 30 % dokumentiert werden.
Relativ häufig können unter Vareniclin Übelkeit und Erbrechen, Kopfschmerz und Schlafstörungen sowie Benommenheit und Schwindel auftreten. Die Gefahr, dass es unter den beiden genannten Medikamenten Vareniclin (Champix) und Bupropion (Zyban), zu schwersten psychiatrischen Nebenwirkungen bishin zum Suizid kommen kann, ist wahrscheinlich sehr viel geringer als zunächst angenommen. Eine große englische Studie konnte keinen Unterschied in der Wahrscheinlichkeit von Depressionen oder Suiziden unter der Behandlung mit Vareniclin, Bupropion und Nikotinersatzstoffen feststellen. Auch die ursprünglich unter Vareniciclin vermutete erhöhte Rate an Herzinfarkten oder Herzrhythmusstörungen wurde in einer Metaanalyse aus dem Jahre 2014 widerlegt.
Empfehlung: Kombinierter Ansatz
Die besten Erfolgschancen auf Dauer rauchfrei zu werden habt Ihr aber mit einem kombinierten Ansatz. Vor allem die Kombination von Medikamenten, Nikotinersatzverfahren und der Verhaltenstherapie bietet Euch eine deutlich spürbare Hilfe beim Rauchstopp und erhöht Eure Erfolgschancen erheblich.
Bei der Verhaltenstherapie geht es v.a. auch um die sozialen Aspekte und die Umstände des Rauchens. Hierbei könnt Ihr alltagstaugliche Techniken lernen, wie ihr in kritischen Kontexten, wie z.B. die “eine Zigarette” in der gewohnten netten Runde beim dritten Bier, einen Rückfall verhindern könnt.
Auch die Wirkung von Hypnose beim Rauchstopp ist in Studien gesichert und daher in jedem Fall einen Versuch Wert.
Entscheidend ist aber v.a., dass Ihr Euch hier und jetzt wirklich klipp und klar dafür entscheidet Nichtraucher zu werden. V.a. müsst Ihr wirklich daran glauben, dass Ihr es schafft. Denn die sog. Selbstwirksamkeitserwartung ist der entscheidende Erfolgsfaktor beim Rauchstopp.
Wenn Ihr in der Vergangenheit gescheitert seid heißt das nicht, dass Ihr es nicht trotzdem noch schafft. Bleibt dran, bis Ihr es geschafft habt. Die meisten erfolgreichen Ex-Raucher, auch die, die ich kenne, haben es nicht beim ersten Mal geschafft…
Also, ich glaube an Euch , Ihr schafft das! Das war’s erstmal von meiner Seite. Teilt das Video bitte mit anderen Menschen, die es interessieren oder brauchen könnten,
Bis dahin, bleibt schön gesund,
Euer Dr. Heart