Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Linda Weißer ist approbierte Ärztin und leidenschaftliche Ernährungsberaterin, letzteres offline und online über ihren Blog alimonia.net.
Alkohol und Herz
Alkohol – Gut oder schlecht für Herz und Kreislauf?
Schon lange Zeit heiß diskutiert und viel beforscht: Die Wirkungen von Alkohol auf unser Herz-Kreislauf-System
Ein sehr häufig und gerne hitzig diskutiertes Thema sind ja die Auswirkungen von Alkohol auf unsere Gesundheit. Während ja die meisten anderen Drogen, insbesondere das Zigarettenrauchen in jeglicher Dosis schlecht für uns sind, scheint dies beim Alkohol,sehr zur Freude vieler Wein- und Bierliebhaber, vermeintlich anders zu sein. Viele Studien liefern Hinweise darauf, dass ein geringer bis moderater, regelmäßiger Alkoholkonsum, allerdings nicht das klassische „Komasaufen“ mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergesellschaftet ist, vor allem bezogen auf die Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkte und die Herzschwäche. Schauen wir uns das also mal etwas genauer an!
Sog. Meta-Analysen, also große Analysen von einer ganzen Reihe zu diesem Thema durchgeführter Studien, bestätigen, dass eine Aufnahme von einem alkoholischen Getränk bei Frauen bis max. drei alkoholischen Getränken bei Männern, das entspricht etwa 10 bis 30 g Alkohol, pro Tag mit einer Risikoreduktion von 20-25% für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht! Dabei zeigt sich was den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Herz-Kreislauf- Erkrankungen angeht eine J-förmige Kurve:
Das heißt dass das Risiko bei moderatem Alkohol-Konsum, sprich 1-2 Drinks/Tag, zunächst absinkt, dann jedoch bei zunehmendem Konsum wieder stark ansteigt. Dabei ist die Alkoholwirkung umso stärker ausgeprägt, je älter die Menschen sind und je mehr Risikofaktoren für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen sie mitbringen. Ein hoher Konsum von Alkohol wirkt sich hingegen negativ auf unser Körpergewicht, den Blutdruck, Diabetes und weitere Risikofaktoren aus, sodass das dann auch das Herz-Kreislauf-Risiko dann wieder steil ansteigt.
Darüber hinaus kann exzessiver Alkoholgenuss Kardiomyopathien, also Erkrankungen des Herzmuskels, Herzrhythmusstörungen wie z.B. Vorhofflimmern und sogar den plötzlichen Herztod begünstigen, ganz zu schweigen von den ja gut bekannten schädlichen Wirkungen auf fast alle anderen Organe wie der Leber mit drohender Ausbildung einer Leberzirrhose, der Schädigung unseres Nervensystems und ganz zu schweigen von den ca. 10.000 schutzlosen Kindern, die jedes Jahr mit alkoholbedingten Schädigungen auf die Welt kommen aufgrund von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft.
Die negativen Wirkungen von Alkohol sind also sehr gut belegt, wie sind aber nun die in niedrigen-moderaten Mengen zu beobachtenden Schutzwirkungen des Alkohols zu erklären?
Hierzu gibt es unterschiedliche Theorien, zum einen kann ein gemäßigter Alkoholkonsum vorteilhafte Effekte auf unsere Blutfettwerte mit einem Anstieg des „guten“ HDL-Cholesterins haben. Daneben werden auch günstige Effekte auf unsere Blutgerinnung mit einer Verbesserung der Fleißeigenschaften unseres Blutes beschrieben bis hin zu blutgefäßschützenden Substanzen wie Antioxidantien, die sich z.B. in großer Menge in Rotwein finden lassen.
Aufgrund dieser positiven Effekt und der aktuellen Studienlage wird ein geringer bis moderater Alkoholkonsum sogar von Fachgesellschaften wie der American Heart Association in Form von ein bis zwei alkoholischen Getränken für Männer bzw. einem für Frauen pro Tag empfohlen.
Allerdings gibt es auch immer wieder nicht ganz unberechtigte Zweifel an der vermeintlichen Schutzwirkung von Alkohol, denn die Studien, die die günstigen Effekte von Alkohol auf unsere Gesundheit zeigen sind natürlich beobachtende Studien und daher natürlich immer mit Vorsicht zu genießen, da bedeutsame Störfaktoren das Ergebnis verfälschen können und oft nur schwer heraus zu korrigieren sind. Denkbar ist z.B., dass Menschen, die moderat Alkohol trinken, z.B. regelmäßig ihr Glas Rotwein genießen, generell mehr auf Ihre Gesundheit achten, gesünder leben und vielleicht auch sozial besser gestellt sind als Menschen, die entweder gar nicht oder sehr viel Alkohol trinken. Andere Menschen verzichten vielleicht aus gesundheitlichen Gründen komplett auf Alkohol, was ebenfalls das Gesamtergebnis derartiger Studien verfälschen könnte.
Wie dem auch sei, letztlich muss jeder selber für sich entscheiden, wie er mit dem Thema Alkohol umgeht. Ich persönlich denke, dass man aufgrund der aktuellen Studienlage nicht so weit gehen muss Menschen aus gesundheitlichen Gründen unbedingt das Trinken von alkoholischen Getränken zu empfehlen. Wer sich auf der anderen Seite aber gerne in angenehmer Atmosphäre mit Freunden oder Familie einem gepflegten Genuss moderater Alkoholmengen hingibt, für den gibt es zumindest die berechtigte Hoffnung, dass er seiner Gesundheit damit nicht schadet und vielleicht sogar etwas gutes tut. Und ob es dann letztlich der Alkohol selber oder vielleicht doch eher der praktizierte Lebensstil bzw. die positive Lebenseinstellung dahinter ist, die für die positiven gesundheitlichen Effekte des Alkohol verantwortlich ist, das ist dann letztlich ja auch egal, Hauptsache es wirkt!