Stefan Waller ist seit mehreren Jahren praktizierender Internist und Kardiologe und hat sich aus Leidenschaft der Vermittlung komplexer medizinischer Sachverhalte in möglichst einfacher und verständlicher Sprache gewidmet.
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Länger leben durch Sex?
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
letztens hat mich ein Patient, der bereits einen Herzinfarkt erlitten hatte, direkt darauf angesprochen wie das denn eigentlich so ist mit dem Sex bei einer Herzerkrankung und auch ganz allgemein ob Sex eigentlich gesund ist?
Und tatsächlich stellen sich viele meiner Patienten die Frage, ob Sex zu einer Gefahr für die Gesundheit werden kann, gerade wenn man schon herzkrank ist?!
Oder ob es am Ende vielleicht sogar umgekehrt ist, ob man durch regelmässiges „Liebesspiel“ vielleicht nicht nur mehr Spaß im Leben haben kann, sondern vielleicht auch seine Verweildauer auf unserem schönen Planeten verlängert, sprich könnte Sex vielleicht am Endes sogar als Anti-Aging-Methode herhalten?
Die Antworten auf diese und andere Fragen gibt’s in diesem Video!
Eines mal gleich vorweg: Eine ausgeprägte sexuelle Aktivität geht in Studien tatsächlich recht konsistent mit einem langen Leben einher!
Heißt das jetzt aber auch, dass wir umso länger leben je häufiger wir uns in Amors´s Reich begeben?
Ganz so einfach ist es leider nicht, denn da haben wir wieder das Problem mit der Korrelation und der Kausalität. Denn: Häufiger Sex könnte natürlich auch einfach nur ein Marker für einen guten Gesundheitszustand sein. Das kennen Sie ja vielleicht auch, wenn wir uns fit, gesund und ausgeruht fühlen haben wir natürlich eher mehr Sex und umgekehrt sinkt natürlich unser „Sexhunger” mit zunehmender Gebrechlichkeit und Gesundheitsproblemen.
Besonders interessant wird es daher, wenn man Herzinfarktpatienten betrachtet: Diese haben natürlich ein erhöhtes Risiko für erneute Infarkte und eine, rein statistisch gesehen, verkürzte Lebenserwartung. Bei ihnen sollte sich also besonders deutlich zeigen, ob Sex das Leben verkürzt oder umgekehrt vielleicht sogar verlängern kann.
Und genau dieser Ansatz wurde in einer sehr interessanten Langzeitstudie aus Israel verfolgt, die zu Beginn der 90er-Jahre 1120 überlebende Patienten unter 66 Jahre (im Mittel 53 Jahre) nach ihrem ersten Herzinfarkt zu ihrer sexuellen Aktivität befragt hatte.
Die Befragungen erfolgten kurz nach dem Herzinfarkt und dann noch einmal fünf und 10–13 Jahre danach.
Bei der ersten Befragung, also kurz nach dem Herzinfarkt, gaben 42% an, im Jahr vor dem Infarkt in der Regel mehr als einmal pro Woche Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, 1/4 der Befragten gaben einmal wöchentlichen „Verkehr“ an, 27% weniger als einmal pro Woche und bei den verbliebenen 6% herrschte schon vor dem Infarkt absolute Flaute im Schlafzimmer, sprich man bekannte sich zur sexuellen Abstinenz.
So liebe Leute, und jetzt wird es interessant:
Im Laufe der Studiendauer von 22 Jahren starben erwartungsgemäß knapp die Hälfte der befragten Studienteilnehmer. Aber: Verglichen mit den Infarktpatienten, die bereits bei Studienbeginn sexuelle Abstinenz angaben, zeigten die Patienten die vor ihrem Infarkt mehr als einmal pro Woche Sex hatten eine um 70 Prozent geringere Sterberate!
Ok, ok, jetzt werden Sie mit Recht argumentieren: Ist ja auch logisch, Menschen, die gesund sind haben auch mehr Libido und sind sexuell aktiver als eher kränkliche Zeitgenossen.
Und tatsächlich: Nach „Bereinigung“ um Begleitfaktoren wie Lebensstil, Bildung und Begleiterkrankungen usw. schrumpfte der Überlebensvorteil auf nur noch 27% dahin. Aber es zeigte sich eindeutig ein Dosiseffekt, sprich: Umso mehr sexuelle Aktivität vor dem Infarktereignis angegeben wurde, desto länger war die Überlebensdauer der befragten Studienteilnehmer.
Wenn man nun auch die Folgebefragungen in die Analyse einbezog zeigte sich, dass Infarktpatienten mit andauernder sexueller Aktivität auch nach Bereinigung der Begleitfaktoren innerhalb der Studiendauer 32% seltener verstarben.
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
viele, viele Zahlen, was können wir mit nach Hause nehmen?
Ich denke die Studie zeigt, dass häufiger Sex, bzw. eine fortgesetzte sexuelle Aktivität auch bei Herzpatienten mit einem langen Leben zumindest korreliert und wahrscheinlich sogar in gewissem Umfang vor einem ungünstigen Krankheitsverlauf schützen kann, genauso wie man das ja auch von anderen, regelmäßig ausgeübten körperlichen Aktivitäten kennt.
Im Idealfall ist es ja so, dass jenseits aller berechneten Statistiken Sex ja auch Spaß macht und für die meisten Menschen, auch für Herzpatienten, ganz einfach zu einem erfüllten Leben dazu gehört!
In diesem Sinne wäre es einfach sehr schade und in den allermeisten Fällen auch vollkommen unbegründet, wenn Sie aus Sorge um Ihr Herz auf Sex verzichten. Insofern gilt wie so häufig: Besprechen Sie wenn Sie betroffen sind dieses wichtige Thema offen mit Ihrem Vertrauensarzt!
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
Das war es schon wieder von meiner Seite,
Ich wünsche Ihnen jetzt viel Spaß mit der Liebe! Wenn Sie Herzpatient sind und verunsichert sind, oder vielleicht auch wissen wollen, wie es sich mit den kleinen blauen Pillen verhält, dann schauen Sie hierzu in mein Video „Sex und Viagra nach Herzinfarkt“.
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bis dahin,
bleiben Sie schön gesund 😉
Ihr Dr. Heart
Quelle: Shlomit Brandis Kepler et al., The American Journal of Medicine 2019; online 19. Juni, https://www.amjmed.com/article/S0002-9343(19)30554-6/fulltext